Die Studie wurde vom Bundesministerium für Gesundheit und Frauen in Kooperation mit der Österreichischen Ärztekammer und UNICEF Österreich durchgeführt. Im Februar 2006 gingen insgesamt 1.667 Fragebögen an niedergelassene Gynäkolog/inn/en und Kinderärzt/inn/en. Im Mai folgten dann 250 Fragebögen an Ärzt/inn/en von Gynäkologie-/Gebär- und Kinderabteilungen in öffentlichen österreichischen Krankenhäusern versandt.
Resultate
Sensibiliserung, Opferschutz und Aufklärung
"Mit der für die Curricula verantwortlichen Österreichischen Ärztekammer stehe ich bereits in konkreter Verhandlung, um Ärztinnen und Ärzte künftig besser zu sensibilisieren und auf den Umgang mit genitalverstümmelten Frauen vorzubereiten", so Rauch-Kallat. "Die Ergebnisse der Studie lassen den Schluss zu, dass in Österreich wenige bis keine Genitalverstümmelungen durchgeführt werden; zumindest nicht von in Österreich zugelassenen Ärztinnen und Ärzten. Offensichtlich kommen Frauen mit Genitalverstümmelung erst eine erhebliche Zeit nach einem solchen Eingriff nach Österreich. Wir verfolgen in der Bekämpfung traditionsbedingter Gewalt deshalb einen Problemlösungskurs, der sowohl auf legislativer Ebene als auch im Bereich Opferschutz und Aufklärung ansetzt. Diese Strategie stößt weltweit auf sehr positive Resonanz."
International kaum Fortschritte
"Obwohl es in Ländern wie Benin, Burkina Faso, Eritrea, Äthiopien, Kenia, Nigeria, Tansania, Jemen und der Zentralafrikanischen Republik Hinweise auf einen Rückgang der Beschneidungsraten gibt, gab es kaum Fortschritte hinsichtlich der weltweiten Ausrottung dieser Praktik", berichtete Dr. Gudrun Berger, Generalsekretärin von UNICEF Österreich. "Wir stellen jedoch einen neuen Trend fest: an immer mehr Mädchen wird der Eingriff von medizinischem Personal durchgeführt und nicht mehr von traditionellen Beschneiderinnen."
Miteinbeziehung von SozialarbeiterInnen und Gesundheitspersonal
UNICEF arbeitet deshalb sowohl auf Regierungs- als auch auf Gemeindeebene daran, diese Verletzung der Frauen- und Kinderrechte zu beenden. "Die endgültige Abschaffung der Genitalverstümmelung erfordert das Engagement von Regierungen, der Zivilgesellschaft und der internationalen Gemeinschaft. Strategien, Gesetze und auch Budgets müssen dementsprechend eingesetzt werden. UNICEF unterstützt vor allem lokale NGOs und Initiativen, die sich auf Gemeindeebene für die Abschaffung der Beschneidung einsetzen. Wichtig ist auch die Involvierung von religiösen und traditionellen Führern sowie von Gesundheitspersonal, traditionellen Heilern, Sozialarbeitern und Lehrern", so Dr. Gudrun Berger.
Frauen- und Gesundheitsministerin Rauch-Kallat berichtete abschließend über die Implementierung eines Expert/innen-Gremiums im BMGF, das einen Leitfaden für den Umgang mit FGM für Ärztinnen und Ärzte sowie für medizinisches Personal erarbeiten wird. Diesem Gremium sollen Expert/innen des BMGF, Ärzt/innen und Vertreter/innen von Selbsthilfe-Organisationen angehören.
SPÖ begrüßt Studie
Nationalrätin Petra Bayr begrüßte indes die Studie und zeigte sich in einer Aussendung erfreut, dass sich weiterhin kein Verdacht auf eine in Österreich durchgeführte Genitalverstümmelung ergeben habe. Sie verwies zudem auf die Wichtigkeit der von der Afrikanischen Frauenorganisation betreute Beratungsstelle "Bright Future" - exemplarisch für den generellen Bedarf an solchen Einrichtungen. Durch ihre Nähe zu den MigrantInnen trage sie dazu bei, so Bayr, dass Hemmschwellen, sich Unterstützung zu holen, abgebaut werden.
Weinzinger: Genitalverstümmelung endlich als Asylgrund
Brigid Weinzinger forderte anlässlich der Präsentation die Anerkennung von FGM als Asylgrund: "Bedrohte und gefährdete Frauen haben bisher in Österreich kein Recht auf Asyl, auch wenn sie nachweisen können, dass sie akut bedroht sind. Sie sind von einem Gnadenakt abhängig, der in den letzten Jahren nicht einmal für eine Handvoll Frauen zu einem positiven Ende kam", so Weinzinger. Bisher habe Frauenministerin Rauch-Kallat keinerlei Interesse oder Engagement an den Tag gelegt, um von Genitalverstümmelung bedrohte Frauen zu diesem Rechtsanspruch zu verhelfen. "Das wäre eine echte Unterstützung für die betroffenen Frauen. Eine Studie allein ist eine ziemlich matte Bilanz". (red)