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Günter Grass zu Gast bei Ulrich Wickert

Foto: AP/NDR PRESSE UND INFORMATION/GROENITZ
Also, Literatur im Fernsehen, das ist ja eigentlich ein Irrtum. Der Irrtum ist: Seit die Programm-Macher Autoren weniger porträtiert als bequatscht sehen wollen, wird halt gequatscht, was das Zeug hält. Aber schnell und kurz, weil angeblich kein Mensch mehr länger zuhören kann. Angeblich. Wer kürzlich das Literarische Quartett in einem Kurz-Comeback über Bert Brecht lamentieren sah, weiß, was man sich da leistet, aber eigentlich sparen kann. Elke Heidenreich als Buchklub-Tante, Dennis Scheck auf hochinvestigativen Besuchen bei Autoren von Weltrang: Gerne drückt man da auf "Aus" – und liest lieber ein gutes Buch.

Na ja, vielleicht ist das mit der Literatur im Fernsehen doch ein tolles Mittel, die Menschen wieder vor Bücherregale zu treiben ...

ARD-Moderator Ulrich Wickert hat jetzt auch so eine Sendung. Sie heißt sehr originell "Wickerts Bücher", handelt aber nicht von den Büchern, die Wickert selbst geschrieben hat, seinem grandiosen Benimmbuch zum Beispiel, sondern eben auch wieder von Büchern und Autoren, die man gelesen haben muss. Derzeit gelesen haben muss man Günter Grass. Und weil der neue Grass inklusive SS-"Schmach" jetzt früher in den Handel kam und schon über 100.000 Exemplare verkauft hat, wurde der Start von Wickerts Bücher kurzerhand vorverlegt.

Da saßen dann zwei höfliche Herren vor einem Hotel an der Ostsee, und man repetierte die Begriffe "Schmach", "Schande" und "Schweigen". Dass Literatur was Leidenschaftliches sein könnte, diesen Eindruck ließ Ulrich Wickert eher nicht aufkommen. Übelnehmen im Ohrensessel titelte dazu Spiegel Online: Gut, dass Grass nicht Pfeife geraucht habe. Schlaftablette now! (cp/DER STANDARD; Printausgabe, 19./20.8.2006)