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Die Gebirgsjäger nutzen das Edelweiß als Bewerber für die Olympischen Spiele, eine gestickte Briefmarke mit dem Motiv gibt es auch schon.

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Eine Almwiese irgendwo in den Dolomiten. Mit weit ausholenden Armbewegungen mäht der Bergbauer mit der Sense den mageren Boden, und bald liegen hunderte seltener Blumen zum Trocknen in der Sonne. Auch das Edelweiß, die Alpenblume schlechthin, Sinnbild für Schönheit und Gefahr im unwegsamen Hochgebirge, verherrlicht in Geschichten, Filmen und Liedern, endet hier im Heu.

Botaniker sehen das so nüchtern wie der Bergmäher. Für Konrad Pagitz, Pflanzenkundler an der Universität Innsbruck, ist das Edelweiß - wissenschaftlicher Name Leontopodium alpinum - ein Korbblütler, ähnlich der Schafgarbe oder dem Beifuß, und nur eine von ca. 35 Arten einer sibirischen Steppenpflanze.

Unkraut verdirbt nicht

Auch die häufig beschworene Angst vor dem Aussterben der "Königin der Bergblumen" relativieren die Wissenschafter. Ernst Vitek, Botaniker am Naturhistorischen Museum Wien, sieht im Klimawandel keine Gefahr, da es im 13. Jahrhundert schon einmal deutlich wärmer gewesen sei. Glaubt man einem jüngst in der Tiroler Tageszeitung erschienenen Einspaltertitel, so müsste man eher den Menschen vor der Blume schützen als umgekehrt: "Urlauber suchte Edelweiß und stürzte ab: tot". Genau dieser Ruf des Gefährlichen aber ist es, der den Mythos des Edelweiß bestehen lässt. Alles ein Missverständnis, glaubt Ernst Vitek zu wissen. Nur ein Bruchteil der Edelweißpflanzen wachsen auf brüchigen Felsbändern, die Mehrzahl dagegen auf trockenen Kalkwiesen.

Wo ist das Edelweiß?

Täglich x-mal wird im Frühsommer diese Frage gestellt, nicht auf der Rax, am Dachstein oder im Karwendelgebirge, sondern mitten in Wien, zwischen Oberem Belvedere und Landstraßer Gürtel. Hier, in dem zu den Bundesgärten zählenden "Alpengarten" wachsen auf 2500 Quadratmetern ungefähr 4000 Gebirgspflanzen aus allen Teilen der Welt. Eine davon ist das vergleichsweise unscheinbare Leontopodium alpinum. Es ist die am meisten gestibitzte Blume in der Sammlung, weiß deren Leiter, Gärtnermeister Michael Knaack. Deshalb unterhält er ein ansehnliches Pflanzbeet, aus dem die pelzigen Stauden jederzeit nachgesetzt werden können.

Zum vergleichsweise jungen Nimbus der Hochgebirgsstaude in nicht alpinen Ländern hat wesentlich ein einziges massenmediales Phänomen beigetragen. 1965 produzierte Hollywood den mit fünf Oscars ausgezeichneten Film "The Sound of Music", mit dem Titelsong "Edelweiß". Dies bedeutete freilich einen krassen Imagewandel der Pflanze, die im späten 19. Jahrhundert trotz ihrer scheinbaren Unscheinbarkeit zum Symbol des heroischen Alpinismus geworden war.

Das Edelkraut als Logo

Alpine Vereinigungen wie der Deutsche und Österreichische Alpenverein bedienten sich des bis dahin in manchen Gegenden als Mittel gegen Bauchschmerzen benutzten Edelkrautes ebenso als Logo wie das Militär. Auf der anderen Seite aber konnte dadurch das Edelweiß, nicht minder heroisch, beispielsweise während des Zweiten Weltkriegs einer Widerstandsgruppe junger deutscher Nazigegner als Name dienen.

Neuerdings findet sich das "Löwenfüßchen" - so die Übersetzung des Leontopodium - auch als Gegenstand einer Konsumkultur mit alpinem Symbolwert. Salzburg als Bewerber der Olympischen Winterspiele 2014 wählte das Edelweiß als Logo und als die Österreichische Post vor zwei Jahren nach Schweizer Vorbild eine gestickte Sonderbriefmarke herausbrachte, verfiel sie auf das Edelweiß.
(Der Standard/rondo/18/08/2006)

Service
Das Edelweiß in Alpengärten: Der Alpengarten Patscherkofel bei Innsbruck ist ein im natürlichen Wachstumsgebiet angelegter Parcours nahe der Bergstation der Patscherkofelbahn, der 400 Pflanzen enthält und zwischen Juni und September während der Betriebszeit der Seilbahn kostenlos zugänglich ist.

Weitere Alpengärten findet man in Klagenfurt, Linz, Bad Aussee, Schönbühel / Wachau, auf der Villacher Alpe am Dobratsch, beim Ottohaus auf der Rax und der Lindauer Hütte im Montafon - Infos .