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Turbulenzen rund um Shakespeare: Tim Porath (als Claudio) und Julie Bräuning (als Hero).

Foto: APA/Neumayr
Salzburg - Es ist, als hätte Schauspieldirektor Martin Kuaej den Komödienausrichtern seines heurigen Programms dringend empfohlen, immer nur geradewegs auf die Tragödie zuzusteuern. Der Reihe nach warfen die Regisseure und Regisseurinnen dieser Festspiele im Gefolge ihres Chefs ( Höllenangst ) den Blinker aus und deuteten das heiterste Geschwätz, die schönsten Glückskurven um in Furcht und Schauder.

Dass die zwei hart erkämpften Hochzeiten aus Shakespeares Viel Lärm um nichts (Benedikt und Beatrice, Claudio und Hero) aufgrund gleich toter Bräutigams platzen, das bedurfte allerdings der Nachjustierung: David Bösch (28) hat sich mithilfe des Dramaturgen John von Düffel auf die Negativfährten des Stücks begeben und beschreibt in seiner Inszenierung vom Thalia Theater Hamburg auf komödiantische Weise eine Tragödientalfahrt.

An dem seiner gepfefferten Dialoge zwischen Beatrice und Benedikt wegen beliebten Stück interessiert den "Young Director" Bösch aber letztlich nur Leid und Pflicht der Liebe: die im Streben nach ihr aufkeimende Gefallsucht, die durch die Nichterwiderung erlittene narzisstische Kränkung, das Maß der Unterwerfung usw.

Es beginnt unter der Kuppel des im Salzburger Volksgarten eigens errichteten Theaterzeltes als ausgelassener Klamauk mit Temposchwächen. Benedikt (Alexander Simon) und Claudio (Tim Porath) entern als Kriegsheimkehrer auf Mopeds das unter Lichterketten Manege-gleich erhobene Bühnenrund von Patrick Bannwart. Rote Herzluftballons gemahnen ans Thema, doch die Liebe zwischen Benedikt und Beatrice (Judith Hofmann) bedarf - nicht nur in der Übersetzung Frank Günthers - noch des Feinschliffs: "Frau Zicke von Hochmut, Sie leben auch noch?!"

Die Inszenierung stapelt bis hierher tief und ist sich nicht einmal zu gut für einen dieser inflationären Netrebko-Witze. Sie bleibt bis zur (unnötigen) Pause eine hölzerne Klamotte. Dann aber zieht Bösch seine Fäden. Er stockt den Ziehbrunnen zur Riesenhochzeitstorte auf. Und wenn der Brautvater Leonato (Harald Baumgartner) diese ob der vermeintlichen vorehelichen Untreue seiner Tochter rammt, ist der Wendepunkt des Abends markiert.

Bösch streicht Figuren und Szenen und legt dabei die Kehrseite frei. Er lässt schließlich dort Schüsse abfeuern, wo im Original nur der Scheintod steht: Claudio wählt den Freitod. Und auch Benedikt trägt als Beweis seiner Liebe beim letzten Tanz mit Beatrice schon eine Kugel im Bauch. Ein neuer, starker Schluss, den das Publikum hingerissen aufnahm. Ob er genügt, um die Jury des Young Directors Project zu überzeugen, ist aber fraglich. (Margarete Affenzeller/DER STANDARD, Printausgabe, 14./15.8.2006)