Sogar die Tischtennisplatte ist bei Ron Arad nicht eben, sondern konkav, nach innen gewölbt wie ein Hohlspiegel. Überhaupt wird man in Arads Arbeiten lange nach einem Objekt suchen müssen, das anders daherkommt als rund, kurvig oder gewellt. Besagte Tischtennisplatte steht allerdings nicht in Arads jüngstem Architekturprojekt, dem neu gestalteten Hotel DuoMo im italienischen Rimini, sondern in seinem Büro in London. Aber gut hineinpassen würde das Sportgerät aus poliertem Stahl ins DuoMo: Im Erdgeschoss des Hotels blitzt und glänzt es, als hinge die Sonne selbst im Haus.

Foto: DuoMo Hotel

Konkav gewölbt öffnet sich die rote, zweiflügelige Eingangstür - wie zwei Flipper eines Flipperautomaten, die einen denn auch wie eine Flipperkugel Richtung Rezeption entlässt. Was andernorts banale Empfangsbudel ist, wird bei Arad zum schimmernden Blickfang. Dieses Ding dort zwischen glänzenden Säulen aus dem Trendmaterial Corian gleicht mehr einem silbernen Bagel oder einem Ufo in Schräglage.
"Die Gäste sollen sich nicht wie zu Hause fühlen. Denn sie sind hier nicht zu Hause", bescheidet Arad kurz und knapp. Jawohl, das ist ihm gelungen.

Foto: DuoMo Hotel

Noch befremdlicher ist das Gefühl in den Zimmern, droben in der ersten, zweiten und dritten Etage. Arad, der Mann mit dem fein-ironischen Lächeln und immer mit Hut auf dem Kopf, hat sich in den vergangenen Jahren vermehrt der Architektur zugewandt. Gut, bei seinem Namen denkt man an Entwurfserfolge wie Regal Bookworm, Stuhl Tom Vac oder Sessel Big Easy, und auch 2005 hat er viel versprechende Designs wie MT für Driade oder den Ripple Chair für Moroso entworfen. Doch gelernt hat Arad bei der Architectural Association in London, damals, ab 1973, da war Arad 22 Jahre alt und hatte einen zweijährigen Besuch an der Kunsthochschule Jerusalem hinter sich.

Foto: DuoMo Hotel

Nun hat er gleich drei Hotelprojekte am Laufen: Neben dem DuoMo, das trotz einiger Zimmer, die noch in Arbeit sind, bereits eröffnet hat, stehen auch das Upperworld Hotel in London sowie Hotel Wattens in Österreich für Swarovski auf der Liste von Architekt Arad. Zwei andere große Baustellen sind das National Design Musem in Holon, Israel, und die Zentrale vom italienischen Möbler Magis im italienischen Treviso.

Foto: DuoMo Hotel

Es gebe nur noch zwei Arten, Dinge zu entwerfen, bilanzierte Arad in seinem Beitrag für das Lexikon "Designing the 21st Century": "Objekte lassen sich entweder durch hinzufügen oder entfernen realisieren. Computer mit ihren Nullen und Einsen lieben das. Mit ein wenig Hilfe von unseren Roboter-Freunden kann das Virtuelle leicht zum Reellen werden. Es gibt praktisch keine Grenzen mehr."

Foto: DuoMo Hotel

Arad liebt das Zeichnen mit der Hand, zugleich aber kann er sich begeistern für die intelligenten Computerprogramme, die die kniffeligsten Ideen eines Arads wirklich werden lassen. Schon immer gehörte er zu den Designern, die Vorreiter waren im innovativen Einsatz von Materialien, sei es Aluminium, polierter Stahl, Polyamid, in ungewöhnlichen, per Computertechnik perfektionierten Formen.

Foto: DuoMo Hotel

Im Hotel DuoMo hat sich Arad Corian verschrieben, einem acrylgebundenen Mineralwerkstoff mit massiver Oberfläche, den es in etlichen Farben gibt und der im DuoMo im Erdgeschoß an Säulen und Rezeption als spiegelnde Oberfläche eingesetzt wird. Weiter oben, in den Zimmern, leiten Froschgrün, Weinrot und Purpurviolett durch die Stockwerke, doch ein psychedelisches Farbdelirium hat Arad nicht angerichtet. Farben sind hier dezente Akzente. Der Rest: cool weiß. Der Boden: soft grau.

Foto: DuoMo Hotel

Überhaupt lässt die Sci-Fi-Welt den Gast ein wenig frösteln. Zwar schmiegt sich die Wand des Bads, konvex wie ein kleiner Bauch, in den Zimmerflur und durchbricht das Karge des beinahe leeren Raums, auch sieht das schmale, diagonal laufende Tischboard aus wie ein zärtlich hingehauchter Federstrich samt grünem Leuchtband, und der Holzboden im Bad bemüht sich ebenfalls, ein wenig honigfarbene Wärme auszustrahlen, doch wähnt man sich trotz all dem im Inneren eines Raumschiffes oder zumindest in einem schnittigen Flieger.

Foto: DuoMo Hotel

Wie im Flugzeug sind auch die Interieur-Lösungen durchdacht - die Enge der Zimmer macht es nötig: Die Glaswand, welche die schmale Nasszelle vom Flur trennt, ist zugleich Schrank. Ist die Tür zum Bad zu, sind die Schrankfächer offen. Und andersherum. Eine schmale Gasse, ein altes Haus, eine moderne Fassade, eine stylische Bar in bronzefarbenen Ambiente - hierhin sollen sie kommen, die Szenegänger Riminis, wenn sie genug vom Strandtrubel haben, mit dem das Hotel dank seiner Lage im Zentrum nahe dem Dom gar nichts zu tun hat.

Foto: DuoMo Hotel

Ron Arad jedenfalls weiß, was er anrichten will mit seinen Werken: "Intelligente Materialien und Werkzeuge, Produktionsmethoden wie aus der Scienefiction-Welt. Es ist alles da. Jetzt. Wenn man die Gegenwart aufmerksam genug betrachtet, wird man darin die Zukunft erkennen."

Link: www.duomohotel.com

(Mareike Müller/Der Standard/rondo/11/08/2006)

Foto: DuoMo Hotel