AMS-Chef Herbert Buchinger im Standard-Interview: "Mir ist es wichtig,...

Foto: Standard/Andy Urban

...dass die Funktion und die Wichtigkeit der aktiven Arbeitsmarktpolitik...

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...endlich erkannt wird in Österreich."

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Sehr geehrter Herr Dr. Buchinger, da ich am Tage des Erscheinens Ihres Interviews im Standard (7. 8.) vom AMS "eingeladen" wurde, einen Kurs zu belegen (Europäischer Computerführerschein ECDL bei Plativio, 1100 Wien) kann ich Ihre Aussagen nicht unwidersprochen lassen. Sie verteidigen die AMS Kurse als Mittel "um die Arbeitskräfte anzupassen an die Struktur der Arbeitskräftenachfrage" und nicht als Statistikverschönerung. Dies sei Ihnen gestattet, allerdings erlaube ich mir kurz über meine EDV Erfahrung zu erzählen:

Erster Kontakt mit Personal Computern ca. 1988, ein 286er meines Bruders mit damals sensationellen 1MB RAM und einer 10 MB-Harddisk. Betriebssystem DOS 2.0, später 3.2. Software unter anderem Word 2.0; auf diesem Gerät schrieb ich meine ersten Seminararbeiten, Protokolle etc.

Erster eigener PC ca. 1991, ein 386SX – damals noch ein Direktimport aus Taiwan. Betriebssystem DOS 5.0, später Windows 3.1; Software u.a. WinWord, WordPerfect 5.1, Lotus123; darauf wurde u.a. meine Diplomarbeit verfasst.

Momentan besitzt mein PC einen AMD Sempron Prozessor mit 3 GHz und 512 MB RAM. In den 18 Jahren, seit ich mit Computern arbeite, hat sich vielerlei auf dem Hard- und Softwaresektor verändert, allerdings war ich natürlich gezwungen, diese Neuerungen in meine tägliche Arbeit zu integrieren. Ich freue mich daher auf die folgenden Kursinhalte (die dem Anbot der Fa. Plativo entnommen sind):

Schöne neue Welt

Entwicklung und Geschichte der EDV (kommen Ringkernspeicher vor?); Rechner starten und Herunterfahren (nach 11 Jahren die Erklärung, warum Windows durch drücken auf "START" beendet wird); Dateien speichern und sichern (endlich (nach 18 Jahren keine leere Harddisk mehr, wenn ich Dateien speichern kann); Umgang mit der Maus (Afrikanische Streifengrasmaus oder doch das Ding, das am PC hängt?); Kopf und Fußzeilen bei MS Word 2002 (wie hab ich das 1993 gemacht?); absolute und relative Zellbezüge (Excel XP); Grundlagen des relationalen Datenmodells (Access XP); Primärschlüssel (Access XP); Folien erzeugen (Powerpoint XP)

Was das Thema Internet betrifft (in weiteres Modul des ECDL), kann ich sicherlich mit meinem Trainer im Rahmen des Kurses über Gopher-Holes, anonyme Telnetzugänge und die alten Zeiten reden, als Genbanksequenzen noch mittels einer formatierten E-mail angefordert bzw. übermittelt werden mussten. Möglicherweise ist auch interessant zu erzählen wie es war, als das gesamte Biozentrum Bohrgasse noch mit einer 64k Leitung an den Wiener Backbone angeschlossen war, aber dies war schon später. Dass ich zu der Zeit für die Betreuung der Arbeitsgruppen-PCs auf der Uni zuständig war und auch später noch PCs betreut habe, kann nur auf einer grundlegenden Fehleinschätzung meiner diesbezüglichen Fähigkeiten seitens meiner Vorgesetzten beruht haben. Schön, dass mir das AMS eine formale Ausbildung anbietet ...

Nachtrag: Sollte das AMS wirklich bemüht sein, seine Fortbildungsmaßnahmen der "Struktur der Arbeitskräftenachfrage" anzupassen, erlaube ich mir, dazu noch Folgendes zu erzählen: Mein Vorschlag an meinen AMS Betreuer bezüglich Kurs war eine Fortbildung in Richtung Qualitätsmanagement (ich bin Molekularbiologe) und insbesondere die am WIFI Wien angebotenen Ausbildung zum "akkreditierten Qualitätsbeauftragten für KMU, von der mir bekannt ist, das diese auch bereits vom AMS finanziert wurde.

Einen entsprechenden Vorschlag habe ich meinem Betreuer unterbreitet. Mir ist bewusst, dass die WIFI Ausbildung um 360 Euro teurer ist als der ECDL. Das Argument für die Ablehnung von Seiten des Betreuers war allerdings, dass die AMS Anforderungen (ca. 1 Monat, vier bis fünf Tage/Woche, tagsüber) nicht erfüllt würden.

Ihnen als AMS-Vorstand sollte eigentlich bewusst sein, dass ab einem gewissen Ausbildungslevel praktisch keine vernünftigen Kurse angeboten werden, die diesen zeitlichen Vorgaben gerecht werden, da alle relevanten Ausbildungen modular aufgebaut sind. Meiner bescheidenen Meinung nach (auch ich zahle Steuern) wären die 1350 Euro statt für den ECDL Kurs besser als Spende für Ute Bock investiert (www.fraubock.at). (Martin Schindler, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 10.8.2006)

Das Gleichnis von der Extrawurst

Das Gleichnis von der Extrawurst

Ein szenisches PS zu nebenstehendem Brief, nach Lektüre des Standard-Berichts über die AMS-Jobvermittlungspraxis für Supermärkte (9.8.):

Eine Billa-Filiale in Wien, September 2006. An der Wursttheke Frau Magistra A., Studienfach Mathematik, Lehramt, und Max K., Schüler.

Mag. A.: "Der Nächste bitte." – Max K.: "Ein Extrawurstsemmerl um einen Euro." – Mag. A.: "Und , bist du gut in der Schule?" – Max K.: "Naa, ned wirklich. Aber in Mathe die Nachprüfung hab ich grad gschafft." – Mag. A.: "Ahh so. Dann wird das Folgende ja kein Problem sein: Der Normalpreis für Extrawurst ist 16,99 Euro/Kilo, momentan ist die Extrawurst in Aktion und kostet 9,99 Euro/Kilo. Die Semmel kostet 19 Cent. Wie viel Gramm der Aktionsextrawurst muss ich aufschneiden, damit der Endpreis der Semmel 1 Euro ist? Wie viel Geld hast du dir gespart?" – Max K.: "Darf ich einen Taschenrechner verwenden?" – Mag. A.: "Nein, das muss so gehen, da hast du Papier und Bleistift." – Erna S. (Pensionistin): "Wieso geht da vorn nix weiter?"

Zwei Stunden später, etwa 25 Kunden versuchen die gestellte Aufgabe zu lösen, Mag. A. lehnt zufrieden an der Theke. Lautsprecherdurchsage: "... werden gebeten zur Kassa zu kommen. Ich wiederhole: Sperrstunde!" Mag. A: "Ich glaub, des wird heute nichts mehr, Sie haben ja gehört, ich hab Dienstschluss. Die richtige Lösung wäre 81 Gramm und Geld hättest du dir keines gespart, weil die Extrawurstsemmel immer 1 Euro gekostet hätte. Dafür wäre dank der Aktion um 33 Gramm mehr Wurst in der Semmel gewesen. – Schön brav weiterlernen, dass was wird aus dir ..." – Wo bleibt eigentlich der Aufschrei der Nachhilfelehrer? (Martin Schindler, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 10.8.2006)