Auch das Beiwerk zum großen Blumenstrauß wächst nicht alleine, Herbert Jedletzberger macht damit sein Geschäft.

Foto: Standard/Christian Fischer
"Interessanterweise gehen die roten Nelken in Wien nicht so gut", lächelt Herbert Jedletzberger. "Die gedeihen im Süden Österreichs besser." Als Pflanzen.

Im Jahre 1970 hatte Jedletzberger seinen Familienbetrieb auf Blumenproduktion umgestellt. Vieles hat er ausprobiert – von Tulpen bis Narzissen –, "aber das hat mich alles nicht befriedigt". Daher hatte er dann begonnen, etwas anderes herzustellen. Etwas an sich Unauffälliges. Etwas, auf das man nur stößt, wenn es im Blumengeschäft heißt: "Derf’s ein bisserl Grün dazu sein?" Kurz: Es ist das Grünzeug für Blumensträuße, auf das sich der Betrieb in der Simmeringer Haide für Blumenfachgeschäfte und den Großhandel spezialisiert hat.

"Auf dieser Schiene fahren wir jetzt", so Jedletzberger, "und mittlerweile sind die Anthurien ein großer Faktor geworden." – Die mit dem satten roten Blatt und dem gelben Schwengel mittendrin. Und der Luftbefeuchter surrt dazu.

"Wir kultivieren in Glashäusern in geschlossenen Kultursystemen", erläutert Jedletzberger. Das heißt: Die Pflanzen wachsen hier auf Steinsubstrat statt in der Erde. Und beim Bewässern wird das Wasser aufgefangen, gereinigt und kommt in den Kreislauf retour, "das hat den Vorteil, dass keine Nährstoffe ins Grundwasser gelangen. Das Wasser, das zusätzlich benötigt wird, wird als Regenwasser auf den Glashäusern aufgefangen und kommt in ein Becken mit einer Kapazität von einer Million Liter.

Suche nach altem Neuem

"Ich bin immer auf der Suche nach Neuem." Bei den Pflanzen auch "auf der Suche nach altem Neuem, das wieder modern wird". Geht Jedletzberger im Wald spazieren, schaut er dann auch, ob er etwas sieht, das brauchbar wäre. Seine jüngsten Versuche widmet er den Lederfarnen, "die kommen meist aus Costa Rica und sind nicht winterhart".

Womit er gegen die große Importkonkurrenz punkten kann: mit Qualität und Frische. "Die Haltbarkeit unserer Anthurien ist manchmal die doppelte".

7500 Quadratmeter an Glashäusern hat Jedletzberger für seine Produktion, dazu kommen 3000 Quadratmeter Folienhäuser und 15.000 Quadratmeter Freilandkulturen, auf denen Weidengehölze wie Korkenzieherhasel oder Drehweiden gedeihen. "Natürlich sind das unscheinbare Pflanzen, manche Leute schätzen sie auch nicht und meinen, das wächst eh von selber. Aber sie brauchen genauso viel Pflege wie eine Blume."

Vieles war auch einmal eine Blume: In einem Beet blüht beispielsweise Echinazin. "Die lassen wir verblühen, und dann sehen sie wie Disteln aus." Auch auf den modisch wechselnden Farbgeschmack gilt es zu achten: "Vor ein paar Jahren wollten alle nur Lachs. Derzeit sind Orange und Dunkelrot gefragt." Das kann unangenehm werden: "Im Vorjahr habe ich eine neue Anthurien-Sorte bestellt, die bekomme ich 2007. Mit Pech will die dann keiner."

Sehr arbeitsintensiv

Der Vorteil der Pflanzenvielfalt in seinem Betrieb: "Ich habe immer etwas zu verkaufen." Nachteil: "Es ist sehr arbeitsintensiv." Aber sein Beruf ist generell nichts für Müßiggänger: "Ich stehe jeden Tag um drei auf, ab vier Uhr stehen wir dann am Großmarkt in Inzersdorf."

Seine Familie ist schon seit Langem in der Simmeringer Haide ansässig. Die Eltern seiner Großmutter waren seinerzeit vom Waldviertel heruntergekommen und hatten mit Gemüse begonnen. Für ihn selbst war das nicht von Anfang an seine Bestimmung: "Eigentlich wollte ich Mechaniker werden. Inzwischen macht es aber großen Spaß, ich möchte nimmer tauschen." Und seine technische Leidenschaft lebt er im Tüfteln beim computergesteuerten Betriebssystem aus. "Aber damit hat die unruhige Zeit erst begonnen. Jetzt gibt’s immer irgendeinen Alarm", lächelt er.

Ob Jedletzbergers Sohn einmal den Betrieb übernehmen werde? "Na ja, sagen wir so: Es schaut gut aus." Aber wer weiß, was die Zukunft bringt. "Wir sind ja fast nimmer in der Stadt hier – aber wer weiß, wie lange es noch dauert." (Roman David-Freihsl, DER STANDARD - Printausgabe, 9. August 2006)