Paradeiser-Ernte im Hightech-Betrieb: Die Wägen werden in ein Fördersystem eingehängt und automatisch bis zum Lkw weiter transportiert

Foto: STANDARD/Fischer

Martin Merschl und seine Rispentomaten - hier ist eine Produktion ohne Pestizide oder Fungizide möglich

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Wien - "Wer jetzt nicht investiert, ist in ein paar Jahren nicht mehr da", ist Martin Merschl für seinen Produktionszweig felsenfest überzeugt. Und Merschl hat gewaltig investiert: Für 4,5 Millionen Euro wurde 2005 in der Donaustädter Hänischgasse auf 30.000 m² der wohl modernste Paradeiserbetrieb von Wien errichtet. In diesem gewaltigen Glashaus werden Rispentomaten auf Hightech-Niveau gezogen; ein holländisches System auf dem neuesten Stand der Technik.

Reihe an Reihewachsen die Paradeiser gen Glashimmel. Mit der Erde machen die Wurzeln dieser Pflanzen keine Bekanntschaft; in rund einem Meter Höhe sind die mit Steinwolle gefüllten Kulturen aufgehängt, aus denen die Ranken an Schnüren bis zu zehn, elf Meter in die Höhe gezogen werden.

Ohne Gift

Eine Methode, die große Vorteile mit sich bringt: "Ich komme vollkommen ohne Pestizide und Fungizide aus. Schädlinge werden mit Nützlingen bekämpft", erläutert Merschl. Und was an Natur fehlt, wird herein geholt. Werden Paradeiser draußen vom Wind bestäubt - so erledigen das hier drinnen Hummeln, die in Boxen ins Glashaus eingebracht werden. Auch brauchen die Pflanzen jede Menge Kohlendioxyd - also wird die Abluft der Gasheizung ins Glashaus eingeleitet.

Das Hauptmotiv für die Umstellung: der EU-Beitritt Österreichs. Früher wurde zur österreichischen Hochsaison nichts importiert. Doch mit dem offenen Handel seien Preise um 30, 40 Prozent gefallen, "da kommen kleine Einheiten nimmer weiter". Daher heißt es nun: "Effizienz und Kostenminimierung".

"Das ist zeitgemäßes Arbeiten", führt Merschl sichtlich stolz durch die Halle. Von März bis November kann hier geerntet werden - fast jeden Tag, von 7 bis 11 Uhr. Dabei werden die an Schnüren hochgezogenen Pflanzen jeweils so weit herunter gelassen, dass sie in Griffhöhe sind. "Das schwerste, was hier gehoben werden muss, ist eine Rispe" - die Paradeiser kommen gleich in Steigen, die auf Wägen geschlichtet sind. Die werden in ein Fördersystem eingehängt und automatisch in die Verladehalle zum Wiegen und Einschlichten transportiert - und danach gleich vollautomatisch für den Lkw palettiert.

"Die zartesten Leut'"

"Viele stellen sich einen Bauern noch mit Gummistiefeln und Scheibtruhe vor", weiß Merschl. Aber bei dieser Produktionsweise "kann man die zartesten Leut' hinstellen". Und das bei einem Betrieb der jährlich rund 1,8 Millionen Kilo Rispentomaten produziert - so der Plan.

Aber das ist längst noch nicht alles gewesen. 2008, so hofft Merschl, wird nebenan der alte Familienbetrieb vom nächsten Neubau "verschluckt". Denn dann soll die Produktionsfläche noch einmal verdoppelt werden. (Roman David-Freihsl, DER STANDARD Printausgabe, 05./06.08.2006)