Philippinen: Minderjährige Prostituierte auf eine Polizeiwache in Manila.
Foto: Mike Alquinto
Durch die Erschließung von neuen touristischen Erholungsgebieten vor allem in Entwicklungs- und Transitionsländern ist aufgrund der schwierigen sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse auch die Kinderprostitution gestiegen. Kriminelle Gruppen nutzen Armut und schlechte Bildungschancen, um Kinder in einen Teufelskreis von finanzieller Abhängigkeit und sexueller Ausbeutung zu zwingen. Weltweit sind laut Schätzung der Internationalen Arbeitsorganisation ILO 1,8 Millionen Kinder betroffen, in Europa ist die Tendenz steigend.

"Die Täter sind entweder verantwortungslose Touristen, die nicht bedenken, dass sie Minderjährige sexuell ausbeuten bzw. missbrauchen oder Pädophile, die häufig die Anonymität der Urlaubsgebiete nützen. Hinschauen statt Wegschauen muss daher die Devise lauten", rät Astrid Winkler, Österreichkoordinatorin von "End Child Prostitution, Child Pornography and Trafficking of Children for Sexual Purposes" (ECPAT), den Reisenden.

"Älteres Aussehen" keine Entschuldigung

"Älteres Aussehen" der Kinder kann dabei das schwere Vergehen an Minderjährigen (laut UNO Personen unter 18 Jahre) nicht entschuldigen. "Wem etwas auffällt, der/die muss die Beobachtungen auch melden. Z.B. an der Hotelrezeption, der Reiseleitung oder bei der lokalen Polizeistation". ECPAT ist eine internationale Organisation mit Lokalbüro in Österreich. Seit Mai 2005 informiert die Webseite www.ecpat.at UrlauberInnen über Möglichkeiten wie sie konkret etwas gegen Kindersextourismus unternehmen können.

Zusammenarbeit erforderlich

Kinderprostitution ist eine der traurigsten Nebenerscheinungen des internationalen Tourismus und kann nur bekämpft werden, wenn Regierungen, Tourismusindustrie, Zivilgesellschaft und Urlauber an einem Strang ziehen. 1998 hatte ECPAT Schweden in Kooperation mit der Welttourismusorganisation UNWTO und zahlreichen skandinavischen Reiseveranstaltern einen Verhaltenskodex zum Schutz der Kinder vor sexueller Ausbeutung im Tourismus entwickelt. Dieser "Code of Conduct“" ist mittlerweile weltweit von über 240 ReiseveranstalterInnen, ReiseagentInnen, Reiseverbänden, Tourismusgewerkschaften und Fluggesellschaften aus 21 Ländern in Europa, Asien, Nord- und Lateinamerika unterzeichnet worden.

Osteuropa

Auch europäischen Regierungen und die Reiseindustrie in beliebten Reisezielen, wie z.B. dem Schwarzen Meer, erkennen langsam das Problem. Seit drei Jahren wird in Bulgarien und Rumänien mit der Unterstützung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit (ADA) der Verhaltenskodex zum Schutz der Kinder vor sexueller Ausbeutung im Tourismus als präventive Maßnahmen gegen Menschenhandel und Kindersextourismus umgesetzt. In Montenegro und Albanien hat die OSZE mit finanzieller Unterstützung der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) den Kodex eingeführt. Im Rahmen der Umsetzung des Verhaltenskodex werden TouristInnen, bereits an den Grenzen und am Strand informiert, die Tourismuswirtschaft aufgeklärt und sensibilisiert und Trainings für Hotelangestellte durchgeführt.

Erfolge

Dabei zeigen die Umsetzung des Verhaltenskodex und die Aufklärungskampagnen in Urlaubsregionen erste Erfolge: Immer öfter berichten Reisende über verdächtige Vorfälle und Beobachtungen (z.B. im Hotel, bei der Reiseleitung, beim Veranstalter) und schauen nicht einfach weg. Renommierte internationale Reiseunternehmen prüfen ihr Angebot und nehmen Hotels wegen Kundenbeschwerden über "Prostitution" aus ihrem Programm. In Österreich haben bisher nur zwei Reiseveranstalter den Verhaltenskodex teilweise umgesetzt, nämlich Jumbo Touristik und die TUI.

Strafverfolgung

Auch die Strafverfolgung ist den Tätern immer effizienter auf der Spur. Seit 1996 haben über 30 Nationen (auch Österreich) so genannte Extra-territorial Gesetze erlassen, denen zufolgen Täter auch in ihren Heimatländern verurteilt werden können. Erst im vergangenen Winter wurden zwei ältere, österreichische Männer wegen des Verdachtes des mehrfachen sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Minderjährigen im Ausland festgenommen, in Vietnam und in Rumänien. Beide Verdächtige standen schon seit geraumer Zeit unter der Beobachtung österreichischer und lokaler Behörden. Die beiden Festnahmen sind ein Beweis dafür, dass Fälle von Kindesmissbrauch im Ausland nur dann erfolgreich strafrechtlich verfolgt werden können, wenn die Behörden im Aus- und Inland gut kooperieren.

Druck auf Reisewirtschaft

Trotz dieser Erfolge bleiben Herausforderungen: Zum einen ist die Umsetzung in nationales Recht ein langwieriger, häufig schwerfälliger Prozess. Gesetze müssen geschaffen und durchgesetzt werden. Außerdem müssen alle Instanzen dafür sorgen, dass die Gesetze auch eingehalten werden. Zudem benötigen präventive Maßnahmen, wie die Implementierung des Verhaltenskodexes, viel Überzeugungsarbeit. In Europa schaffen die ECPAT-Landesorganisationen und die internationalen Partner Bewusstsein bei den Reisenden und in der Reisebranche. ECPAT Österreich hat vor 1,5 Jahren die Wanderausstellung „Hinschauen statt Wegschauen – Kinder brauchen Schutz weltweit“ lanciert, die bisher an 23 Orten in Österreich zu sehen war. Eine begleitende Unterschriftenaktion dient dazu, Druck auf die Reisewirtschaft in Österreich auszuüben, den Verhaltenskodex konsequent durchzusetzen. Die Tourismusindustrie reagiert: ein großer europäischer Veranstalter hat einem Hotel, das Prostitution aktiv unterstützt hatte, bereits die Zusammenarbeit aufgekündigt. Ausschlaggebend waren immer Beschwerden und Hinweise durch UrlauberInnen. (red)