Wien – Das Lager ist das geheimste Gebäude des Zolls. Es ist so geheim, dass die Adresse nur auf Anfrage bekannt gegeben wird, und der Minister persönlich darum ersucht, den Standort top secret zu halten. Außen steht der Name einer Spedition; eine Camouflage, die dazu dienen soll, es potenziellen Dieben so schwer wie möglich zu machen.
Denn innen lagern hohe Werte. Jene Waren nämlich, die der Zoll beschlagnahmt hat, und die darauf warten, entweder ausgelöst oder auf Anordnung der Gerichte vernichtet zu werden.
Sieben Verwahrungsstellen gibt es in Österreich. Im Wiener Lager befinden sich nur Zigaretten. Jedes der meterhohen Regale ist bis oben hin mit Stangen gefüllt, größtenteils mit ausländischen Aufdrucken. Wie viele dort lagern, ist zunächst auch ein Geheimnis, bis ein Mitarbeiter des Finanzministeriums sich doch dazu äußert: 100 Millionen Zigaretten sind es, etwas mehr als im Vorjahr insgesamt gefunden wurden. Auch heuer haben die Zöllner schon 72,9 Millionen unverzollte Glimmstängel beschlagnahmt.
Mehr Betrug entdeckt
Finanzminister Karl-Heinz Grasser ist zum Lokalaugenschein vor Ort und lobt die Beamten für ihre Erfolge. Im Vorjahr hatten die Prüfer den Betrug im Wert von rund 1,7 Milliarden Euro verhindert, heuer haben sie im ersten Halbjahr schon 1,3 Milliarden Euro aufgedeckt, eine Steigerung um zwei Drittel. "Betrug zahlt sich nicht aus", meint der Minister und wirft eine Stange Zigaretten in den Schredder.
Auch die Steuerfahndung schläft nicht. Insgesamt 150 Millionen Euro Mehrergebnis brachte die Prüfung im Vorjahr ein; doch erfahrungsgemäß können nur 40 Prozent der hinterzogenen Gelder tatsächlich eingebracht werden. Budgetär verwerten, sagt Grasser, könne man das kaum.
Spürsinn der Zöllner
Der neueste Schmäh ist die Hinterziehung von Umsatzsteuer, die beim Verkauf von Schrott aus dem Ausland anfällt. Die Kriminellen kassieren die Steuer zwar beim Käufer, liefern sie aber nie ab.
Seine Erfolge verdankt der Zoll dem Spürsinn der Beamten einerseits und dem Geruchssinn von 22 Spürhunden andererseits. Mancher Betrug, wie die illegale Zigarettenfabrik in Salzburg (der Standard berichtete), kann aber nur vereitelt werden, weil die Beamten einen Tipp bekommen. Wie hoch der unentdeckte Schaden ist, bleibt daher ein Geheimnis, selbst für das Ministerium. Die Schätzung des Volkswirtschafters Friedrich Schneider von 200 Milliarden Euro hält das Ministerium allerdings für deutlich zu hoch.