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FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sucht das Duell um Österreich, muss sich vorerst aber mit seinen ehemaligen Gesinnungsgenossen um Namen und Listenplatz herumschlagen.

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Verfassungsrechtler sehen die Gefahr einer Verwechslung – BZÖ nicht Rechtsnachfolger


Das BZÖ will die "Die Freiheitlichen" heißen und auf den Stimmzetteln zur Wahl am 1. Oktober auf Platz 3 aufscheinen – wo man die FPÖ erwarten würde, ebenfalls "Freiheitliche", aber blau und nicht orange.

Von dieser Bezeichnung "Die Freiheitlichen, Liste Westenthaler, BZÖ" oder in Kärnten eben statt "Liste Westenthaler" "Liste Haider"erhoffen sich Jörg Haider und Peter Westenthaler eine bessere Ausgangslage bei der Wahl und letztendlich das politische Überleben. Mit dieser – laut FPÖ – "Wählertäuschung" soll nicht nur die Vier-Prozent-Hürde zum Einzug in den Nationalrat genommen werden, die Orangen rechnen sich damit auch Chancen aus, zu einer Stärke zu gelangen, mit der sie der ÖVP ein weiteres Mal als Koalitionspartner zur Verfügung stehen könnten. Die politische Unterstützung der ÖVP scheint das BZÖ jedenfalls zu haben. Was nicht ganz unwesentlich ist: Immerhin ist Innenministerin Liese Prokop auch die Vorsitzende der Bundeswahlbehörde, die letztendlich über Reihung und Namensbezeichnung entscheiden muss.

Die Freiheitlichen, also die Blauen, toben. FP-Generalsekretär Harald Vilimsky droht mit der Anfechtung der Wahl und fordert die Wahlbehörden zum Eingreifen auf. Die FPÖ sieht die Unterscheidbarkeit der beiden Parteien auf dem Stimmzettel gefährdet.

"Zuerst wollten sie sich von der Freiheitlichen Partei trennen, jetzt sehen sie, dass sie mit ihrem Projekt unter allen Wahrnehmungsgrenzen bleiben, und wollen zwei Monate vor der Wahl eine frontale Kehrtwende einlegen", kritisiert Vilimsky. Er fordert die zuständigen Landes- und Bundeswahlbehörden auf, dem BZÖ die freiheitliche Namensergänzung zu untersagen. Schließlich gebe es die FPÖ seit 50 Jahren, das BZÖ aber erst seit April 2005. "Da könnte genauso gut die SPÖ antreten und eine neue Partei ,Die Sozialdemokraten‘". Sollten die Wahlbehörden nicht eingreifen, plant die FPÖ eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und dann die Anfechtung der Wahl.

Die Unterscheidbarkeit zur FPÖ sei durch die Zusätze "BZÖ" und "Liste Westenthaler" jedenfalls gegeben, glaubt BZÖ-Sprecher Uwe Scheuch. Chancen für eine eventuelle Wahlanfechtung durch die FPÖ sieht das BZÖ keine. Ob die Listenbezeichnung "Die Freiheitlichen" rechtlich gestattet ist, hat das BZÖ nicht prüfen lassen. Dies müsse von den zuständigen Wahlbehörden entschieden werden, dem werde man sich fügen.

Scheuch bemüht sich auch in einer politischen Argumentation: "Nachdem die FPÖ jeden konstruktiven, offenen, liberalen Weg verlassen hat, muss es sogar eine andere freiheitliche Partei geben, die diesen Weg fortsetzt." BZÖ-Obmannstellvertreter Stefan Petzner weist darauf hin, dass es mehrere Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofs gegeben habe, die ein Antreten des BZÖ als "Die Freiheitlichen" ermöglichen müssten. Bei der Landtagswahl 1985 waren drei grüne Listen angetreten, die "Grün-Alternative" GAL, "Die Grünen Österreichs" DGÖ, und die "Vereinte Grüne Österreichs (Buchner)", VGÖ. Eine Wahlanfechtung wegen Verwechslungsgefahr wurde vom Höchstgericht abgelehnt.

Eine Wahlanfechtung droht die FPÖ auch für den Fall an, dass das BZÖ auf dem dritten Listenplatz aufscheint. Da die FPÖ bei der Nationalratswahl 2002 auf dem dritten Rang gelandet war, will sie bei der Wahl im Oktober auch als dritte Partei am Stimmzettel stehen. Dort will auch das BZÖ stehen, das sich im April 2005 von der FPÖ abgespalten und dabei die meisten Nationalratsabgeordneten mitgenommen hat. Nach Ansicht des Verfassungsrechtlers Heinz Mayer müssten in diesem Fall allerdings die Blauen Recht bekommen.

Was die Zusatzbezeichnung "Die Freiheitlichen" für das BZÖ betrifft, glauben die beiden Verfassungsrechtler Heinz Mayer und Theo Öhlinger im Gespräch mit der APA an eine Verwechslungsgefahr mit der FPÖ. Mayer erklärte, "das ist verwirrend und kann zu einer Ununterscheidbarkeit führen". Öhlinger sprach von einer "unzulässigen Sache", weil das zu einer Verwechslung führen kann, und "das ist ziemlich offensichtlich".

Jedenfalls würden zunächst die Landeswahlbehörden entscheiden, und "wenn die das zulassen, ist das natürlich ein möglicher Anfechtungsgrund". Die Bundeswahlbehörde könnte allerdings bei einer Entscheidung einer Landeswahlbehörde sagen, dass das unzulässig sei, so Öhlinger.

Zur Frage, wer auf dem dritten Platz auf dem Stimmzettel aufscheinen kann, bekräftigte Mayer, dass dies eindeu-_tig die FPÖ sein müsse. "Die Nationalratswahlordnung bestimmt, dass die wahlwerbenden Parteien nach der Zahl der Mandate zu reihen sind, die sie bei der letzten Wahl erreicht haben. Jetzt ist es sicher so, dass das BZÖ bei der letzten Wahl nicht angetreten ist, wohl aber die FPÖ". Und die Meinung, dass das BZÖ der Rechtsnachfolger der FPÖ sei, sei einfach völlig falsch. Es gebe keinen Rechtsnachfolger, denn die FPÖ existiere.

Öhlinger meinte ebenfalls, dass die Meinung, das BZÖ sei der Rechtsnachfolger der FPÖ, ein "Blödsinn" sei. Die Nationalratswahlordnung stellte auf das Ergebnis der letzten Nationalratswahl ab,x und "man kann nicht sagen, dass aus der Wahlpartei FPÖ die Wahlpartei BZÖ geworden ist". Man müsse davon ausgehen, dass die Wahlpartei FPÖ von heute mit der Wahlpartei FPÖ vom letzten Mal ident sei.

Die letztentscheidung im Stimmzettel-Streit liegt bei der Bundeswahlbehörde. Zuerst sind aber die Landeswahlbehörden am Zug. Sie müssen laut Robert Stein, Leiter der Wahlabteilung im Innenministerium, bis 25. August ihre Vorschläge für den Stimmzettel an den Bund übermitteln. Danach tritt die Bundeswahlbehörde zusammen, deren Vorsitzende Prokop ist.

Die Bundeswahlbehörde setzt sich aus vier Vertretern der ÖVP, drei der SPÖ, einem der Grünen, zwei Richtern sowie einem Vertreter der FPÖ zusammen. Bisher war das die niederösterreichische Blaue Barbara Rosenkranz. Sollte allerdings das BZÖ Anspruch auf den Sitz in der Wahlbehörde erheben, dann müsste im Streitfall der Ministerrat entscheiden – und der würde wohl zugunsten der Regierungspartei BZÖ votieren. Damit hätte das BZÖ in der Wahlbehörde zwar die besseren Karten, eine absolute Mehrheit hätten die beiden Regierungsparteien aber auch nicht. Eine Berufungsmöglichkeit gegen die Entscheidung der Bundeswahlbehörde gibt es nicht. (DER STANDARD, Printausgabe, 4.8.2006)