Helmut Nahlik, Chef von Visa Austria, ist über die Konkurrenz, die ihm durch die Erste Bank blüht, nicht erfreut. Diese darf nämlich jetzt eigene Visa-Karten vertreiben.

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Wien – Die Beliebtheit von "Plastikgeld" in Österreich spiegelt sich auch in der Visa-Bilanz wider. Der Gesamtumsatz von Visa Austria im In- und Ausland kletterte im ersten Halbjahr 2006 um elf Prozent auf 2,2 Milliarden Euro. "Der Trend geht eindeutig in die Richtung ‘Bargeld ist Steinzeit’", erklärt Visa Austria-Chef Helmut Nahlik, im STANDARD-Gespräch.

Dass die Kreditkarte auch ein Finanzierungsmodell sei, hätte sich hier zu Lande aber noch nicht durchgesetzt, erläutert Nahlik, denn der Vorteil der Teilzahlung würde bei Kreditkarten nur wenig in Anspruch genommen. Und das, obwohl die 14 Prozent Spesen "im europäischen Vergleich noch günstig sind". Nahlik: "Der Österreicher nimmt lieber einen Kredit auf oder überzieht sein Konto."

Steigender Einsatz

Der Einsatz der Karte steigt jedoch: 2003 hätten Kunden ihre Visa-Karte im Schnitt 22 Mal pro Jahr eingesetzt. "Heute zahlt jeder Kunde im Schnitt schon 28-mal pro Jahr mit seiner Kreditkarte." Der bei österreichischen Unternehmen mit Visa getätigte Umsatz stieg im ersten Halbjahr um zehn Prozent auf 1,6 Milliarden Euro. Überdurchschnittliche Steigerungen hat es im Tourismus, im Sportartikelhandel und bei Tankstellen gegeben.

Debit und Pre-Paid

Emsig gearbeitet wird an der Einführung der Debit-Karte, mit der Visa den Bankomatkarten Konkurrenz machen will. Nahlik: "Wir hoffen, innerhalb der kommenden Jahre ein Viertel bis etwa die Hälfte der derzeiten Bankomatkarten-Inhaber für uns zu gewinnen". Der Zeitpunkt der Einführung dieser Debit-Karte ist noch offen: "Verhandlungen mit Vertragspartnern und Banken laufen." Bereits etabliert habe sich die im Vorhinein durch Überweisung oder Einzahlung aufladbare Pre-Paid-Karte. Mittlerweile können damit auch im Internet Einkäufe bezahlt werden.

Neben Visa Austria, die bisher eine Allein-Lizenz für den Kartenvertrieb in Österreich hatten, hat nun die Erste Bank auch solch eine Lizenz erhalten. "Jede Karte, die ein anderer ausgibt, ist für uns eine Konkurrenz", betont Nahlik. Aber: "Den Erfolg dieser Aktion muss man erst abwarten."

Über Co-Branding nachdenken

Laufend in Gesprächen ist der Karten-Boss mit Unternehmen zum Thema Co-Branding. Bei dieser Zusammenarbeit legt ein Unternehmen eine Art eigene Kreditkarte auf. "Diese Karten sind aber nur erfolgreich, wenn der Inhaber einen Zusatznutzen bekommt." Die erfolgreichsten Co-Branding-Karten seien im Moment jene mit Mercedes und der AUA, wo beispielsweise jeder Einkauf auch eine Bonusmeile für das Flug-Programm Miles&More bringt.

Vor Betrugsbanden, die Daten "absaugen" und missbräuchlich verwenden – wie kürzlich bei Bankomatkassen passiert – "ist man nie ganz gefeit". Bei Visa laufe ein 24-Stunden-Monitoring, dass die Umsätze beobachtet. "Bei Auffälligkeiten schreit das System". Dann werde Kontakt mit dem Karteninhaber aufgenommen, der, so Nahlik, oft noch gar nicht gemerkt hat, dass seine Karte gestohlen wurde.

Helmut Nahlik, Chef von Visa Austria, ist über die Konkurrenz, die ihm durch die Erste Bank blüht, nicht erfreut. Diese darf nämlich jetzt eigene Visa-Karten vertreiben. (Bettina Pfluger, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 4.7.2006)