Salzburg - Im Zusammenhang mit der Erweiterung der Europäischen Union sollte man "beim Balkan einen Punkt machen". Das erklärte Bundeskanzler Wolfgang Schüssel im Rahmen der vom ORF Salzburg und dem Verein der Freunde der Salzburger Festspiele organisierten Gesprächsreihe "Ausgesprochen österreichisch" im ORF-Landesstudio Salzburg auf die Frage nach den Grenzen Europas.

Netzwerk an Partnerschaften

Darüber hinaus sollte die EU ein Netzwerk an engen Partnerschaften anbieten. Diese gelte für die Türkei ebenso wie für die Ukraine, Russland oder die Staaten des Mittelmeerraums. Zwischen der Türkei und den Balkanländern gebe es laut Schüssel einen qualitativen Unterschied: Die Länder des Balkans seien immer Teil Europas gewesen. Mit der Türkei als unmittelbarer Nachbar zu Zentralasien, dem Irak, Iran und Syrien wäre man auch integriert in jene Konflikte, die es in dieser Region gebe.

Europa habe ein Interesse an einer Europäisierung der Türkei. Deshalb sei er auch für die Verhandlungen, sagt der Bundeskanzler. Er glaube aber, dass dabei etwas anderes als eine Mitgliedschaft für die Türkei herauskommen könne - beispielsweise eine enge Kooperation, die sinnvoll für beide Seiten sei. Schüssel sprach sich im Falle einer möglichen Mitgliedschaft der Türkei für eine Volksabstimmung in Österreich aus.

Wirtschaftliche Aspekte

Der Bundeskanzler wandte sich erneut dagegen, Europa auf rein wirtschaftliche Aspekte zu reduzieren: "Europa ist kein Bankomat." Europa habe auch sehr viel mit Kultur zu tun. Dieser Gedanke gewinne stark an Boden, ist Schüssel überzeugt. Europa wäre kein Einheitsbrei, sondern sei durch Vielfalt bestimmt. Für Schüssel ist es deshalb auch kein Problem, wenn Europa nicht immer mit einer Stimme spricht. "Wir müssen in Europa akzeptieren, dass jedes Land in ihm wichtigen Fragen seine Stimme zum Klingen bringt." In vielen Fragen - wie bei der Libanon-Krise - gebe es eine gemeinsame Stimme Europas.

Europa habe derzeit "Wachstumsschmerzen". Man könne nicht zehn Länder mit unterschiedlicher Kultur integrieren, ohne es zu spüren. Es gebe aber keine existenzielle Krise, sondern eine "Wachstumsphase, die interessante Verwerfungen mit sich bringt", meinte Schüssel. (APA)