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In den Bergen findet man optimale Erholung, haben wissenschaftliche Untersuchungen ergeben. Gute Luft und Bewegung senken Blutdruck, Blutfettwerte, Blutzucker und steigern das Wohlbefinden.

Foto: APA/ Franz Neumayr
Die Faustregel "unter 14 Tagen bringt der Urlaub nichts" gilt nicht mehr. Bereits nach drei Urlaubstagen reagieren Körper und Seele: "Der Blutdruck sinkt, Schlafqualität und Stimmung steigen", beschreibt Gerhard Strauss-Blasche, Gesundheitspsychologe am Institut für Physiologie der Medizinischen Universität Wien, die ersten positiven Symptome.

Nach sechs Tagen Erhohlungswert

Vier, fünf Tage sollte ein Urlaub dauern, nach sechs Tagen sei der Erholungswert erreicht. "Man braucht keine drei Wochen, um sich zu erholen", sagt Strauss-Blasche und verweist auf jüngste Studien aus den USA, die häufigeren, kürzeren Urlauben lebensverlängernde Effekte zuschreiben.

Das Ziel ist der Weg

Verstärkt wird der Erholungseffekt durch das richtige Urlaubsziel. Ob Meer oder Gebirge hänge ganz von den individuellen Bedürfnissen ab. Kurzurlaube sollte man aber in der gewohnten Klimazone verbringen, denn: "Eine neue Klimazone verursacht Stress."

Ausreichend Zeit

Die Urlaubszufriedenheit, die Gesamteinschätzung des Urlaubs, bestimmt den Erholungswert, ergab eine Studie von Strauss-Blasche. "Je zufriedener jemand mit seinem Urlaub ist, desto größer ist bis zu einem gewissen Grad dessen Erholungswert."Was macht die Menschen zufrieden? Strauss-Blasche: "Wenn ich ausreichend Zeit habe für mich und meine Bedürfnisse, über meine Zeit selbst bestimmen kann, dann erhole ich mich am besten."

Bewegung bringt körperliche Erholung

Die Dauer des Urlaubseffekts hängt von der Urlaubsgestaltung ab. Nachhaltig gut fühlt man sich nach Bewegungsurlauben. Strauss-Blasche: "Nur am Strand liegen bringt nichts."Am längsten hält die körperliche Erholung an, die Stimmung ist bereits nach fünf Wochen auf demselben Niveau wie vor dem Urlaub. Wer den Erholungswert gleich nach der Heimkehr auf null bringen will, beginnt die Arbeit sofort mit Hochdruck.

Aktivität entspannt

Bewegungsurlaub im Gebirge empfehlen die Uni-Professoren Egon Humpeler und Wolfgang Schobersberger zur optimalen Erholung. Mit ihrer Amas-Höhenstudie untersuchten sie die Auswirkungen von Bergurlaub auf zivilisationsgeschädigte Menschen. Personen mit metabolischem Syndrom (Übergewicht, Störungen im Blutzucker- und Blutfettstoffwechsel, Bluthochdruck) habe man bewusst gewählt, weil "sie ein Spiegelbild der Gesellschaft sind."

Wandern

Das Ergebnis der mittlerweile touristisch vielfach genutzten Studie: Drei Wochen Wandern auf 1500 bis 2000 Metern senkt Herzfrequenz, Blutdruck, Blutfettwerte, Gewicht, verbessert den Blutzucker-Stoffwechsel und das allgemeine Befinden.

Erholung soll sich nicht auf den Urlaub beschränken, rät Christoph Eichhorn, Psychologe und Autor aus Konstanz. "Viele Menschen haben ein Erholungsverständnis, das dem Lichtschalterprinzip entspricht", kritisiert er ein "naives und falsches Erholungswissen."

Erholung auf Knopfdruck

Erholung auf Knopfdruck funktioniere nicht, auch nicht "das Verschieben von Erholung auf den Urlaub." Eichhorn: "Wir sind täglich belastet und brauchen auch täglich Entlastung."Wie das geht, beschreibt er in seinem Ratgeber "Gut erholen - besser leben". "Muss man den Menschen tatsächlich erst beibringen, wie sie sich erholen sollen? "Ja", sagt Eichhorn, "denn viele haben vergessen, was sie gerne tun."Zudem fehle uns das Entlastungsprogramm für Seele und Geist.

Geist zur Ruhe bringen

"Wir haben über die Jahrtausende gelernt, mit körperlicher Belastung umzugehen. Wir wissen, was wir zur Entlastung tun müssen: hinsetzen, ausruhen."Was fehlt, sind Entlastungsstrategien. "Nach einem Tag Arbeitsstress sind wir innerlich angespannt und überdreht, körperlich aber schwach und lustlos", beschreibt der Psychologe das Dilemma. "Dann setzen wir uns vor den Fernseher. "Balance bringe das nicht. Eichhorns Rezept für Stressgeplagte: "Etwas tun, um den Geist zur Ruhe bringen."

Positive Gefühle

Das müsse nicht unbedingt Sport sein. "Man soll das tun, was man gerne tut. Kochen, malen, singen, mit den Kindern spielen."Auch Abwechslung in den Alltag bringen, rät Eichhorn. Vor allem sollten nicht Defizite das Zusammenleben bestimmen. "Positive Gefühle fördern die Erholung", ist Eichhorn überzeugt. (Jutta Berger/MEDSTANDARD/31.07.2006)