Frage: Herr Rogan, Sie werden in Budapest Mitglied eines 22-köpfigen
österreichischen Teams sein. Ist diese Zahl ein Indiz für die Stärke
des heimischen Schwimmsports?
Rogan: "Ja, wir könnten bei dieser EM auf eine zweistellige
Finalzahl kommen. Das wäre fantastisch. Ich kann mich erinnern, dass
ich im Team der Jüngste war, 2000 in Helsinki. Jetzt bin ich fast der
Älteste. Ich glaube, dass alle die Qualität haben, zumindest ins
Semifinale zu schwimmen. Sonst hätten sie sich nicht qualifiziert."
Frage: Zeigt dieser Aufschwung auch einen geänderten Stellenwert des
Schwimmsports in Österreich?
Rogan: "Doch, denn es ist cool, Schwimmer zu sein. Es fragt dich
keiner: 'Was bring dir das?' Früher war es schon genug, sich zu
qualifizieren. Jetzt wollen alle mehr erreichen."
Frage: Sie sind der mit Abstand erfolgreichste österreichische
Teilnehmer. Sind Sie die Führungspersönlichkeit im Team?
Rogan: "Ich bin ein bisschen Teamleader. Ich möchte für andere als
Ansprechperson da sein. Sie sollen das Gefühl haben, dass ich für sie
da bin, wenn sie es wollen."
Frage: In den vergangenen Monaten ist es etwas ruhiger um Sie
geworden. Was hat sich seit ihren drei Silber-Medaillen bei der
Kurzbahn-WM im April in Shanghai getan, wie ist das Training
verlaufen?
Rogan: "Die Stimmung in unserer Gruppe in der Südstadt ist jetzt
fantastisch. Es sind alle Sechs für die EM qualifiziert, wir sind wie
die WC4-Gruppe bei den Skifahrern. Überall, wo man hinschaut, sieht
man Hochleistungssportler. Ein Training mit Pieter van den Hoogenband
ist aber schon etwas anderes. Es inspiriert, mit einem
Doppel-Olympiasieger zu trainieren."
Frage: Was hat Ihnen das Training mit den Niederländern konkret
gebracht? Sie haben sich ja auch einer anderen Form des Laktat-Tests
unterzogen.
Rogan: "Ja, und der hat uns gezeigt, dass ich extrem hohe
Ausdauerwerte habe. Das Potenzial von drei Jahren haben wir schon in
zwei Jahren aufgebaut. Das gibt uns nun die Möglichkeit, sich im
Training bis Olympia verstärkt auf die Detail-Arbeit zu
konzentrieren."
Frage: Bei so guten Ausdauerwerten: Wie zuversichtlich gehen Sie bei
der EM in das Rennen über 200 m Rücken?
Rogan: "Ich muss schon ein suboptimales Rennen haben, um nicht den
Europarekord zu brechen. Aber es gibt auch noch Cseh, Meeuw,
Wjatschanin und Florea. Es wird sicher eine stärkere EM als es sie je
gegeben hat. Ich werde es jedenfalls noch defensiver als bisher
angehen. Wegen meiner guten Ausdauer setze ich noch stärker auf die
zweite Hälfte des Rennens. Keiner wird mich auf den letzten 50 Metern
schlagen."
Frage: Ihr Ziel ist die Titelverteidigung und nach dem Kurzbahn- auch
der Langbahn-Europarekord. Was ist ihnen mehr Wert?
Rogan: "Es liegt mir schon viel am 200-m-Titel, daher konzentriere
ich mich auf den Sieg. Den Europarekord werde ich sowieso einmal
haben."
Frage: Wird der Langbahn-Weltrekord auch einmal Ihnen gehören?
Rogan: "Den Weltrekord kann ich nicht garantieren. Die Kollegen in
Amerika können sich ja auch noch steigern. Es wird leichter sein,
Olympiasieger zu werden, als Weltrekord zu schwimmen."
Frage: Trauern Sie noch dem Verlust des Kurzbahn-Weltrekords an Ryan
Lochte nach?
Rogan: "Wenn ich mir diesen Rekord als sportliches Ziel nehmen
würde, könnte ich ihn mir vielleicht zurückholen. Aber diesen Rekord
werde ich nie wieder schwimmen. Es wäre mit Zielrichtung Olympia
nicht richtig."
Frage: Hängt Ihnen aber die klare WM-Niederlage gegen Lochte noch
nach? Wie er damals ist auch zuletzt Helge Meeuw stark aufgekommen
und Europarekord geschwommen. Fürchten Sie, dass Ihnen Ähnliches wie
bei der WM wieder passieren kann?
Rogan: "Nein, denn es ist viel leichter zu jagen, als gejagt zu
werden. Es ist nicht gut, sich selbst als Maßstab zu haben. Wenn man
nur die ganze Zeit vor dem Spiegel trainiert, kommt man nicht weiter.
Außerdem ist es doch schön, wenn es spannend wird. Es gibt nichts
Langweiligeres für Sportler, als zu wissen, dass man gewinnt."
Frage: Wenn es spannend ist, kann aber auch ein anderer gewinnen. Etwa
bei Olympia, ihrem großen Ziel.
Rogan: "Der Einzige, der das verhindern kann, bin ich selbst. Es
kann nicht jemand daher kommen, der diesen Traum zerstört. Und das
wird auch bei der EM nicht passieren. Der EM-Titel ist mein heuer
wichtigster Schritt, um diesen Olympia-Traum zu verstärken. Meine
Stärke ist nicht das Training. Meine Stärke ist, im entscheidenden
Moment die beste Leistung zu bringen."
Frage: Ist also alles total auf die 200 m Rücken ausgerichtet?
Rogan: "Nein, auch zum EM-Start über 100 m Rücken habe ich Chancen.
Wenn es da gut funktioniert, läuft es. Wenn nicht, ist noch nichts
passiert. Das ist das Angenehme."