Gernstl (links) mit den Wohnwagenhippies

Foto: Filmladen

Wien – "1983 haben wir uns einen grünen Bus gekauft, später einen roten, dann einen blauen und dann wieder einen roten. Davon handelt dieser Film." Der bayrische TV-Dokumentarist Franz Xaver Gernstl fährt nämlich seit den 80er-Jahren über Land. Und zwar, um gemeinsam mit seinem Kameramann Hans Peter Fischer und dem Tonmann Stefan Ravasz Zeitgenossen zu porträtieren. Diese Gesprächspartner wollen allerdings erst einmal gefunden werden. Das Trio begegnet ihnen buchstäblich unterwegs – auf Straßen, in Gaststuben oder weil da und dort jemand einen konkreten Hinweis gibt.

Das darauf fußende TV-Format heißt folgerichtig auch "Gernstl unterwegs" und mitunter folgt es äußeren Leitlinien wie den bayrischen Landesgrenzen oder dem 51. Breitengrad nach Osten. In jedem Fall erfreut es sich nach wie vor großer Beliebtheit, und nicht nur die stattliche Fangemeinde des fahrenden Dokumentaristen kann nun im Kino Rückschau auf knapp zweieinhalb Dekaden reisender Filmtätigkeit mitvollziehen.

Das Programm und der Film leben zu einem Gutteil von den trockenen Gernstl-Kommentaren und dessen lakonischer Art der Gesprächsführung. Diese baut erst einmal darauf, dass die fruchtbare Begegnung mit Fremden einer Anlaufzeit bedarf, dass man also besser nicht gleich mit der Tür ins Haus fällt oder das Gegenüber mit vorgefertigten Fragen löchert. Sondern zunächst einmal freundlich Grüßgott sagt, sich vorstellt und dann über den Austausch von Höflichkeiten hinaus vielleicht zu interessanten Dingen vorstößt. Eine Brotzeit oder ein Schnaps haben dabei auch noch selten geschadet.

Auf diese Weise kommt Gernstl unter anderem einem alten Tiroler Tischler näher. Oder einem Südtiroler Weinbauern, der sein Areal mit modernen Kunstwerken bepflanzt. Oder einem Villacher Unfallchirurgen, auf dessen Grundstück eine bunte Menagerie ihr Ausgedinge findet.

Einfach glücklich

Was das Vergnügen an "Gernstls Reisen – Auf der Suche nach dem Glück" ein wenig schmälert, ist der Umstand, dass man mit der Zeit den Eindruck vermittelt bekommt, dass eben dieses Glück bevorzugt bei jenen zu finden ist, die sich auf die einfachen Dinge und Tätigkeiten des Lebens besinnen. Wenn Gernstl einen Pensionisten bei der Besteigung seines im Kleingarten angelegten Kletterfelsens beobachtet, dann schrillt im Kopf auch der Kauzalarm. Dieser Eindruck mag ein Effekt der Verdichtung (und Verkürzung) des Materials für den Kinoeinsatz sein. Den Erfordernissen des 90-Minuten-Formats, das jener angenehmen Gelassenheit, die das Team sonst an den Tag legt und die die Atmosphäre der Reportagen prägt, ein bisschen zuwiderläuft. (Isabella Reicher/DER STANDARD, Printausgabe, 29./30.7.2006)