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Linz/Wien - Der Stahlkonzern voestalpine mit Sitz in Linz hat Politikern im Wahlkampf "Hausverbot" erteilt. Konzernsprecher Wilhelm Nitterl bestätigte am Donnerstag einen entsprechenden Bericht der "Oberösterreichischen Nachrichten" (Donnerstag-Ausgabe). Als börsenotiertes Unternehmen müsse man sowohl im Sinne der Aktionäre als auch der Mitarbeiter stets Neutralität wahren, heißt es in einem Schreiben, dass laut Nitterl nicht nur an die Mitarbeiter, sondern auch an sämtliche Gemeinde-, Landes- und Bundespolitiker aller Parteien bis hinauf zum Bundeskanzler gegangen ist.

Weiter heißt es darin: "Wir ersuchen Sie daher um Kenntnisnahme, dass insbesondere in den letzten sechs Monaten vor Bundes-, Landes- oder Kommunalwahlen Besuche von Repräsentanten politischer Parteien und politiknaher Organisationen mit diesem Neutralitätserfordernis nicht vereinbar sind und entsprechende Anfragen daher abschlägig beschieden werden müssen."

Sperre

Man habe diesen Schritt schon länger erwogen, so Nitterl: "Jetzt setzen wir ihn auch um - rigoros und ohne Ausnahmen." Früher seien sämtliche Politiker in die Voest gekommen und hätten das Unternehmen als Plattform genützt. Nachdem der Staat nun aber nicht mehr am Konzern beteiligt sei, sei es nur ein logischer Schritt, dies zu unterbinden. Seit dem Verkauf der letzten voestalpine-Anteile durch die Staatsholding ÖIAG habe die Politik keinen Einfluss mehr auf das Unternehmen. Das werde durch die Entscheidung für eine Politiker-Sperre unterstrichen.

Das Verbot gelte auch für Tochtergesellschaften im Ausland und grundsätzlich nur vor Wahlen. "Sonst sind uns auch Politiker herzlich willkommen", betonte der Sprecher.

Modell ÖBB

Auch die ÖBB haben vergangene Woche Politiker-Besuche während des Wahlkampfs eingeschränkt. Ab 1. September erfordern Betriebsbesuche von Politikern die Zustimmung des Vorstandes der ÖBB-Holding. Außerdem darf bei den ÖBB während der heißen Wahlkampfphase "kein Vorstandsmitglied oder Geschäftsführer des Konzerns sowie keine Führungskraft der ersten und zweiten Berichtsebene an Veranstaltungen mit Politikern teilnehmen".

Bei der voestalpine gibt es ein solches Wahlkampf-Verbot für Führungskräfte vorher nicht - allerdings nur deshalb, weil Führungskräfte der Voest von sich aus nie bei Wahlkampfveranstaltungen aufgetreten seien. "Das ist bei uns selbstverständlich, immer so gelebt worden und wird auch jetzt so gelebt. Wenn so etwas vorkommen würde, würden wir reagieren. Bisher hat es dafür bei uns aber keinen Handlungsbedarf gegeben", sagte Nitterl.

Aufregung

Das Verbot für ÖBB-Manager, an Wahlkampfveranstaltungen teilzunehmen, hatte zuletzt für große Aufregung gesorgt. Der SPÖ-Abgeordnete Johann Moser hat erst am Vortag in einem Offenen Brief die Nationalräte und Bundesräte aller Fraktionen dazu aufgefordert, sich der ÖBB-Weisung "mit aller Kraft entgegen zu setzen". Er spricht von einem "in der zweiten Republik einzigartigen Demokratieverbot für Führungskräfte" und ist der Auffassung, dass dadurch die Grundrechte der Versammlungs- und Meinungsfreiheit angegriffen werden. Die ÖBB haben die Vorwürfe zurückgewiesen.

Unterschiedliche Ansichten

Bei Österreichs Großunternehmen insgesamt herrschen unterschiedliche Ansichten im Umgang mit politischen Nahe-Verhältnissen in Vorwahlkampfzeiten. Die Austrian Airlines Group (AUA) und der Mineralölkonzern OMV würden sich in keiner Weise politisch vor irgendeinen Karren spannen lassen. Böhler-Uddeholm-Chef Claus Raidl hat hingegen weniger Berührungsängste, ist er doch Teil des Personenkomitees "Wir für Schüssel". Es zeuge von einer "reifen Zivilgesellschaft", wenn sich Manager, als Privatpersonen, klar deklarieren würden, sagte Raidl zur APA.

Bezüglich der voestalpine AG äußerte Raidl Verständnis für deren klaren Aufruf zur politischen Neutralität. Schließlich habe das Linzer Unternehmen eine "politische Hypothek" zu tragen. Der Böhler-Uddeholm-Chef erklärte weiter, es sei wichtig, politisch ausgewogen zu agieren. Raidl kennt offenbar auch keine Berührungsängste zur SPÖ oder den Grünen: Wenn sich die großen Parteien "in Kapfenberg anmelden" wollten, würde er - auch in Wahlkampfzeiten - "Ja sagen", Fotoshooting inkludiert. Auch die Grünen würde der Böhler-Uddeholm-Chef übers Firmengelände führen, um zu demonstrieren, wie viel von Seiten des Unternehmens in Umweltschutzmaßnahmen geflossen seien.

Als Privatperson

Dass der Vorstand und auch die Manager des Unternehmens politische Unterstützungserklärungen für Parteien abgeben können, wenn sie es wollen, steht für Raidl außer Frage - "als Privatpersonen". Schließlich ist der Wirtschaftsberater des Kanzlers selbst Teil des "Unabhängigen Personenkomitees", die den ÖVP-Spitzenkandidaten Wolfgang Schüssel unterstützen.

Die Austrian Airlines betont ihre Distanz zu jeglicher Parteinahme: Weder der Vorstand noch die zweite Führungsebene werden sich in Personenkomitees bzw. im Wahlkampf engagieren. Den Mitarbeitern stehe es jedoch frei ihre politische Gesinnung als Privatperson zu artikulieren, wurde der APA heute von Konzern-Sprecher Johannes Davoras mitgeteilt. Voraussetzung sei, dass diese freie politische Artikulation stattfinde, "ohne dafür die betriebliche Infrastruktur in Anspruch zu nehmen".

OMV eindeutig distanziert

Auch die Position des heimischen Mineralölkonzerns OMV zur parteipolitischen Betätigung ist eine eindeutig distanzierte. "Das machen wir nicht", sagte OMV-Sprecherin Bettina Gneisz zur APA. Für den Mineralölkonzern gelte, "keine parteipolitischen Betätigungen in den Räumlichkeiten, mit den Mitteln oder im Namen der OMV". Betätigen sich Mitarbeiter als Privatpersonen z.B. in ihrer Gemeinde auf politischer Ebene, außerhalb der Arbeit, sei das was anderes.

Wenn sich Wirtschaftsminister Martin Bartenstein mit einer ausländischen Politiker-Delegation, wie etwa im Rahmen der Nabucco-Konferenz, anmelde, betreffe dies die eigenen Agenden. Ansonsten gebe es eigentlich keine "Terminanmeldungen" von Politikern bei der OMV, schloss Gneisz.

Von Siemens Austria wurde bis zum späten Donnerstagnachmittag keine Stellungnahme abgegeben. (APA)