Wien - "Österreich. Hier geht's uns gut", wirbt die ÖVP in ihrer aktuellen Sommerkampagne. Zumindest nicht schlecht dürfte es in jedem Fall den Werbern und Beratern gehen, die in den letzten sechs Jahren von der Regierung mit Aufträgen bedacht wurden. Die Steuergelder, die geflossen sind, sind nämlich beträchtlich:

Insgesamt 157,7 Millionen Euro gab Schwarz-Blau-Orange seit Regierungsantritt im Jahr 2000 für Werbung, Öffentlichkeitsarbeit und die so genannten "externen Berater"aus. In alter Währung sind das 2,16 Milliarden Schilling. Das ergab eine parlamentarische Serienanfrage an alle Ministerien, die die SPÖ-Abgeordnete Ruth Becher gemacht hat (siehe Grafik).

Spitzenreiter bei allen Ausgaben ist Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (VP) mit 39,5 Millionen Euro, gefolgt von Finanzminister Karl-Heinz Grasser mit 24,8 Millionen Euro. Mit 20,3 Millionen Euro rangiert an dritter Stelle eines der beiden zentralen orangen Ressorts: Das Sozialministerium Ursula Haubners (BZÖ).

Schüssel und Haubner sind auch ganz vorne, wenn man nur ihre Werbebudgets heranzieht. Einerseits nachvollziehbar: Über das Bundeskanzleramt läuft ein Großteil der so genannten "Informationstätigkeit"der Regierung. Das Sozialministerium wiederum unterrichtete das Wahlvolk über zentrale Maßnahmen der Koalition wie die Pensionsreform und den "Meilenstein"Kindergeld. In Sachen Eigenpromotion liegt aber auch ein junger Minister vorne, der - wohl auch dank Geldeinsatz - über beste Imagewerte verfügt: "Lebensminister"Josef Pröll (VP).

Leicht gestaltete sich die Auswertung der parlamentarischen Anfragen für Becher übrigens nicht: Verbindliche, ressortübergreifende Richtlinien für Informations- und Werbemaßnahmen gibt es nicht. Entsprechend willkürlich wurde von den einzelnen Ministern definiert, was denn nun unter Werbung fällt oder nicht. Sozialministerin Haubner versteht, ebenso wie ihr Parteikollege Verkehrsminister Hubert Gorbach (BZÖ), darunter etwa nur Inseratkosten. Justizministerin Karin Gastinger (BZÖ) kämpft gar mit Kostenstellen-Problemen. Sie ließ ausrichten, dass "die Ausgaben für Öffentlichkeitsarbeit im Justizressort im Rechnungswesen nicht als solche erfasst"sind.

Uneinig sind sich die Regierungsmitglieder auch, ob nun die EU-Präsidentschaft Teil der Werbeausgaben sein soll, oder nicht: Schüssel rechnete die Promotion für das erste Halbjahr 2006 zu seinen Werbekosten dazu, Finanzminister Grasser und Landwirtschaftsminister Pröll nicht. Besonders sparsam scheint Außenministerin Plassnik zu sein: Sie führt seit 2006 überhaupt keine Ausgaben für Werbung und Information an. Die Medienkooperationen zur EU-Präsidentschaft ließ sich Schüssel rund 1,6 Millionen Euro kosten. Es wurden redaktionelle Beiträge im Wert von 648.500 Euro geschaltet und eine Informationskampagne namens "Europa hört zu"im Umfang von 951. 500 Euro bezahlt.

"Neu regieren", wie die Koalition im Jahr 2000 propagierte, heißt offensichtlich aber auch, mehr Expertise von außen einzuholen. Über fünfzig Millionen Euro gab die Regierung seit dem Jahr 2000 für das Know-how so genannter unabhängiger Experten aus.

Besonders gerne vertraut Finanzminister Grasser auf fremden Rat: Er gab in den letzten sechs Jahren über 17 Millionen Euro aus. Weit abgeschlagen dahinter: Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (VP) mit 8,08 und Kanzler Schüssel mit 7,46 Millionen Euro.

Strengere Regeln

Für die rote Abgeordnete Becher zeigen diese Zahlen einmal mehr: "Es braucht unbedingt eindeutige Kriterien und bindende Regelungen für externe Berater und für Werbe- und Informationsmaßnahmen."

Dieser Meinung ist auch der Rechnungshof (RH): Erst vor einem halben Jahr rügte RH-Präsident Josef Moser die Werbemoral der Regierung. Ministeriumswerbung soll "den Eindruck einer werbenden Einflussnahme zugunsten einer Partei vermeiden"- vor allem im Wahlkampf. Mahnende Worte kamen zuletzt auch von Verfassungsgerichtshofpräsident Karl Korinek: "Information ist zulässig. Wahlwerbung ist nicht zulässig. Wenn man diese Grenze überschreitet, riskiert man Wahlanfechtungen", sagte er im Standard-Sommergespräch.

Mit der Trennung zwischen informieren und werben nahmen es Schwarz wie Orange bisweilen nicht so genau: 84.000 Euro gab die Regierung etwa für die weit gehend informationslosen, dafür umso patriotischer gestalteten Olympia-Jubelinserate aus. Die orangen Ministerien durften dafür auf Steuerzahlerkosten breitflächig für ihre Initiativen "Zukunft Soziales Österreich"(Haubner), "Zukunft Sicheres Österreich"(Gastinger) und "Zukunft Innovatives Österreich"(Gorbach) trommeln - semantische Anleihen am Parteinamen "Bündnis Zukunft Österreich"waren natürlich rein zufällig.

Zweimal versuchte die Opposition bislang, klare Werbe-Richtlinien per Gesetz zu verankern, zweimal wurden die entsprechenden rot-grünen Anträge im Parlament niedergestimmt. Zumindest hier sind ÖVP und BZÖ also noch beratungsresistent. (Barbara Tóth/DER STANDARD, Printausgabe, 26.7.2006)