Wien - Die Klimaerwärmung wird, darüber lässt sich sehr gut spekulieren, durch massenhafte Emissionen miserablen Entertainments mitverursacht. Aus der so entstehenden heißen Luft gewinnt man Spaß und wirft dafür sein Lachen weg. Marco Berettinis choreografische Show No Paraderan, die gerade bei ImPulsTanzim Akademietheater zu sehen ist, gestattet einen Blick ins Innere dieses kulturellen Umweltproblems.

Das Tolle am Entertainment ist, dass es so gut sein kann, dass wir seine Abgase mit Begeisterung einatmen. Nichts brennt besser als das Nichts, wenn es in etwas Lustiges umgeplaudert, umgesungen oder umgetanzt wird. In einem alchimistischen Prozess verwandelt das Publikum dabei die Leere in Erfüllung. Berrettini spielt das auf zwei Ebenen nach. Einmal in der Einspielung eines der berühmten Las- Vegas- Auftritte des "Rat Pack"Dean Martin, Frank Sinatra und Sammy Davis Jr. aus den coolen Sixties. Und zum anderen in deren Unterbrechung durch Berrettini und seine permanent trinkende Gang.

Die wirklich schwere Aufgabe ist das gekonnte Abkühlen der heißen Luft zugunsten eines Ersatzes, der die Leere anschaulich macht, ohne sie tatsächlich heraufzubeschwören. Das ist die Stärke und zugleich Schwäche von No Paraderan. Nichts wird gezeigt, was das Publikum nicht schon weiß, denn diese Show ist auch, was sie verspottet. Sie konfrontiert alle, die das Entertainment durchschauen, mit einem anderen, bereits aus dem Kabarett bekannten.

Das gefährdet No Paraderan. Viel von der Radikalität, die dem Stück als Ruf vorausgeht, bleibt auf der Strecke. Das Spektakel persifliert sich ohnehin gern selbst - mit einer oft wesentlich größeren Virtuosität. (Helmut Ploebst/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 26. 7. 2006)