Wien - Die Staatsanwaltschaft Wien hat im Fall des nach seiner gescheiterten Abschiebung misshandelten Schubhäftlings Bakary J. Anklage gegen vier Polizisten erhoben.

Die Rechtsvertreter der Beamten haben am Freitag den Strafantrag zugestellt bekommen, in dem ihren Mandanten Quälen eines Gefangenen zur Last gelegt wird. Sie haben vier Wochen Zeit, dagegen Einspruch zu erheben.

Sollten die Anwälte davon Abstand nehmen, möchte Richter Thomas Schrammel "so rasch wie möglich" verhandeln. Ein Termin im Spätsommer sei "grundsätzlich nicht ausgeschlossen", sagte Schrammel. Den Polizisten drohen im Fall einer Verurteilung bis zu drei Jahre Haft und damit der Amtsverlust.

Pilot weigerte sich

Der mit einer Wienerin verheiratete Gambier Bakary J. (33) hätte am 7. April 2006 in seine Heimat abgeschoben werden sollen, nachdem er nach dem Suchtmittelgesetz wegen Drogenbesitzes verurteilt worden war. Der Pilot einer belgischen Linienmaschine weigerte sich allerdings, ihn mitzunehmen, nachdem der Schwarzafrikaner einer Flugbegleiterin in Wien-Schwechat mitgeteilt hatte, er sei nicht freiwillig hier.

Lagerhalle

Die drei mit der Abschiebung betrauten Fremdenpolizisten sollen den Mann darauf hin am Rückweg nach Wien in eine abbruchreife Lagerhalle am Handelskai in Wien-Leopoldstadt gebracht haben, die von der Polizei-Sondereinheit WEGA zu Übungszwecken genützt wird. Laut Anlage wurde dem Mann dort "körperlicher und seelischer Schaden zugefügt": Er sei "wiederholt und intensiv" geschlagen und getreten worden, die drei Beamten hätten ihn "durch demonstratives Anziehen eines Handschuhs" und "Vorzeigen eines granatenähnlichen Gegenstands" eingeschüchtert, wird im Strafantrag ausgeführt.

Der Schubhäftling sei mit dem Umbringen bedroht und in Todesangst versetzt worden, heißt es weiter. Schließlich hätten ihn die Polizisten "gefesselt in der Lagerhalle umher geschleift". Am Ende soll Bakary J. mit einem Polizeifahrzeug von hinten angefahren worden sein.

Einem vierten Beamten wird Beitragstäterschaft vorgeworfen: Er soll das Tor der Halle geöffnet haben, nachdem ihn seine Kollegen telefonisch zum angeblichen Tatort bestellt hatten. Laut Anklage beteiligte sich dieser Polizist nicht an den körperlichen Übergriffen, soll allerdings einen zufällig anwesenden Obdachlosen verscheucht haben, der im Strafantrag als "Tatzeuge" bezeichnet wird. Dem vierten Gesetzeshüter kreidet die Anklagebehörde zudem es, es unterlassen zu haben, die offensichtlich vor seinen Augen ablaufende "Bestrafungsaktion" durch sein Eingreifen zu beenden.

Verletzungen

Diese hatte bei Bakary J. dem Strafantrag zufolge "ein komplexes Bruchsystem im Bereich der oberen Gesichtshälfte" zu Folge: Unter Verweis auf ein entsprechendes gerichtsmedizinisches Gutachten wird eine Fraktur von Jochbein, Kiefer und Augenhöhle zitiert. Daneben soll der Gambier ein Hämaton am Auge, eine Zerrung der Halswirbelsäule sowie Prellungen und Blutunterlaufungen davon getragen haben. Die Gerichtsmedizinerin Elisabeth Freidrich geht in ihrer Expertise von einer "ihrem Grade nach als schwer einzustufenden Körperverletzung" aus.

Misshandlungen dementiert

"Die Misshandlungen werden aufs Entschiedenste dementiert", wies Verteidiger Werner Tomanek, der die als unmittelbare Täter angeklagten Beamten vertritt, die erhobenen Anschuldigungen im Gespräch mit der APA zurück. "Ich werde einen Lokalaugenschein beantragen, um die von der Anklagebehörde beschriebene Darstellung zu widerlegen", kündigte Tomanek Freitagnachmittag an.

Die festgestellten Verletzungen wären "Folgen eines Fluchtversuchs", stellte der Anwalt fest: "Einer der Polizisten hat ihn zu Boden gerissen. Dabei ist das angebliche Opfer offenbar auch mit dem Kopf auf den Boden aufgeschlagen." Bakary J.habe sich trotzdem weiter gewehrt, behauptete Tomanek unter Berufung auf seine Mandanten.

Die Polizisten sind seit dem Vorfall vom Dienst suspendiert.(APA)