Villach - "Die Wellen gingen so fürchterlich hoch, dass sie sich wie Berge von allen Seiten auf unser Schiff warfen. Vieles wurde über Bord gespült. Mein Herz zitterte und aus meinen Augen kollerten die Tränen. Dazu packte uns ein ungeheures Heimweh". Augenzeugenbericht eines Wirtschaftsflüchtlings. Dabei handelt es sich nicht um jemanden von jenen zahllosen "boat people", die heute tagtäglich unter Lebensgefahr an die Festung der Wohlstandsgesellschaft gespült werden, sondern um den Kärntner Ignaz Gugg.

Armut und Not zwangen den Gailtaler und seine Schwester Elisabeth, 1926 ihre Heimat zu verlassen, um in Amerika ein neues, besseres Leben zu beginnen. Doch sehr oft platzte auch dieser Traum vom goldenen Westen und nicht jeder Tellerwäscher wurde zum Millionär. Auch in Amerika gab es bereits Quotenregelungen, Schubhaft und bürokratische Hürden. Bei der Ankunft wartete schon die gefürchtete Emigrantenkommission. Wer ohne Geld, Pass und Arbeit unterwegs war, wurde postwendend in die alte Heimat abgeschoben.

Solcher Kärntner Auswandererschicksale hat sich die Stadt Villach in der Sonderausstellung "Der Onkel aus Amerika" angenommen. Dabei wurde die ganze Innenstadt zur Zeitbühne.

Kärntner Migranten

An fünf Schauplätzen, Hauptbahnhof, Draubrücke, Rathaus, Stadtmuseum und Jakobusgarten werden anhand von Originaldokumenten bis Oktober Abschied, Überfahrt, bange Ankunft und die Mühen der Existenzgründung inszeniert. Ausstellungskurator Werner Koroschitz vom "Verein für Industriekultur und Alltagsgeschichte" ist den Spuren der Kärntner Auswandererwellen in den 20er-, 30er- und 50er-Jahren des 20. Jahrhunders gefolgt und hat unzählige persönliche Zeugnisse zusammengetragen.

Jene, die es schafften, vergaßen die alte Heimat und ihre Wurzeln nicht. So gab es etwa in Milwaukee einen Gailtaler Klub, und selbstverständlich wurden dort die Heimatbräuche und die Gailtaler Trachten in Ehren gehalten. Historiker Koroschitz sieht darin Parallelen mit der Gegenwart: "Bei uns mokiert man sich heute darüber, wenn Türken oder Bosnier ihre Kultur leben wollen". "Migration", so Koroschitz, "ist eine Reaktion auf ökonomische und politische Bedingungen. Sie ist auch die Geschichte von persönlichen Wünschen, Träumen und Hoffnungen". Bürgermeister Helmut Manzenreiter zur Projektidee: "Wir wollen zum Abbau von Vorurteilen und zu Toleranz gegenüber den heute in Österreich und Kärnten lebenden Migranten und Asylsuchenden beitragen." (Elisabeth Steiner, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21.7.2006)