CRACKER Greenland

(Cooking Vinyl/Hoanzl) Nach etwas zu sehr im Holzen ihr Glück suchenden Alben besinnt sich David Lowery mit seiner Band Cracker wieder verstärkt auf zärtlichere Töne. Das bedeutet für Greenland, dass hier neben der neu hinzugekommenen Sängerin Caitlin Carry verstärkt Pedal-Steel gespielt und die Tasten einer Hammondorgel gedrückt werden. Das kommt nicht nur atmosphärisch gut daher, es gebiert jede Menge superlässige Ohrwürmer - auch im angezogenen Tempo.

Albumcover: Cooking Vinyl/Hoanzl

Dem Vernehmen nach will Lowery, den historisch versierte Leser auch als Sänger von Camper Van Beethoven kennen, als nächstes ein Soulalbum aufnehmen. Bis dahin ist Greenland die beste Überbrückung, führt es doch bereits in den Süden der USA, dorthin, wo Soul und Country immer schon gerne Händchen hielten. Nach dem immer noch alles überstrahlenden Debüt die wahrscheinlich gelungenste Arbeit dieser Band.

Foto: Hoanzl

PEACHES Impeach My Bush

(XL/Edel) Merrill Nisker alias Peaches hat es wieder getan. Die umgeschnallten Plastikzipfel, die den verschärft die Rollenverständnisse hinterfragenden Feminismus im Booklet der CD illustrieren, wirken beim dritten Aufguss allerdings schon so berechenbar wie die Musik, die die explizit sexuell und politisch konnotierten Botschaften der Kanadierin transportiert: Der hämmernde Elektro-Punk mit Fieps- und Furzgeräuschen, dessen (bescheidener) Charme ursprünglich in seiner billig anmutenden Hartlauer-Ästhetik lag, wirkt schon reichlich erschöpft.

Für einmal ordentlich durchschwitzen ist Impeach My Bush zwar okay. Fragen nach dem Mehrwert im Vergleich zu den Vorgängerwerken weicht man im mit jeder neuen Peaches-Platte rituell wiederkehrenden Diskurs besser aus.

Albumcover: XL/Edel

DARONDO Let My People Go

(Luv N' Haight/Soul Seduction) Ewig schon angekündigt steht dieses Deep-Soul-Monster nun tatsächlich endlich in den Läden. Let My People Go kompiliert das schmale aber gewaltige Gesamtwerk des Sängers Darondo. Dieser befand sich gut 30 Jahre in der Versenkung, während die drei bisher von ihm bekannten Singles für obszöne Summen ihre Besitzer wechselten. Irgendein Soul-Freak hat den Mann schließlich wieder gefunden und mit ihm drei weitere Songs, die dieser in einem verstaubten Karton in seiner Garage eingelagert hatte.

Diese drei Rohdiamanten plus die sechs bekannten Stücke bilden nun das Album. Den supergeil im Mittempo daher schleichenden Songs verleiht dieser Lebemann mit der Anmutung eines rolligen Katers ihre fette Funki- und Sexiness. Wer bei Al Green schon schwach wird - Obacht! - bei Darondo droht die Gefahr sich ganz zu vergessen. Auch auf Vinyl zu haben.

Albumcover: Luv N' Haight/Soul Seduction

THE BELLRAYS Have A Little Faith

(Trost) Die US-Band Bellrays besteht aus drei eher nicht so ansehnlichen, schon etwas verlebt wirkenden Milchgesichtern, die sich, dieses Umstands offenbar gewahr, hinter Lisa Kekaula verstecken. Die schwarze Sängerin mit der beeindruckenden Haarpracht und der ebenfalls erstaunlichen Stimme, verleiht dieser zügig Richtung Funkrock tendierenden Band Charakter und Tiefgang, den stellenweise ein kurz und prägnant spielender Bläsersatz unterstreicht. Wer sich an die Zusammenarbeit der Funk-Grunger von Big Chief mit der Soulsängerin Thornetta Davis aus 1994 erinnern kann - Bingo!

Albumcover: Trost

MICHAEL FRANTI & SPEARHEAD Yell Fire!

(Anti/ Edel) Der freiwillig und ganzjährig barfuß gehende Sänger mit HipHop-Vergangenheit, Michael Franti, kredenzt auf Yell Fire! einmal mehr einen scharfen, zwischen politischem Funk, Rap und Reggae eingebetteten Soundsplash, der trotz oft aussichtslos scheinender Inhalte (George W. und seine Plage) ein ziemlicher Stimmungsbringer ist.

Stellenweise muss man gegenüber Frantis naiver Hippiepolemik ein wenig tolerant sein, aber das macht einem der Hüne aus San Francisco mit einem musikalisch abwechslungsreichen Album und seiner einnehmenden Stimme nicht all zu schwer.

Albumcover: Anti/ Edel

MUSE Black Holes & Revelations

(Warner) Die im Fahrwasser von Radiohead nach oben geschwappten Muse aus England haben sich zwar schon etwas von diesen ihren übermächtigen Vorbildern emanzipiert. Millionenfach verkaufte Alben sprechen da eine deutliche Sprache.

Doch statt vermeintlicher Eigenständigkeit gibt diese immer auch heillos melodieverliebte Band nun schon wiederholt einen schlechten Abklatsch der schlechten Pomp- und Pumps-Rocker Queen. Das Ergebnis ist ein oft an der Lächerlichkeit vorbeischrammender Operetten-Rock mit Jaulgitarren bei gleichzeitigem Kunstleidergesang: Demnächst bei Harald Serafin in Mörbisch. (flu/RONDO/DER STANDARD, Printausgabe, 21.7.2006)

Albumcover: Warner