Kabul - Afghanische und Koalitionssoldaten haben am Mittwoch auch die zweite der beiden Städte wieder unter ihre Kontrolle gebracht, die in den vergangenen Tagen von den Taliban überrannt worden waren. Wie der afghanische General Rahmatullah Roufi, der die Truppen im Süden des Landes kommandiert, erklärte, lieferten sich die Soldaten heftige Gefechte mit den Taliban in der Stadt Garmsir in der Provinz Helmand.

Sie war am Sonntag von den Taliban besetzt worden. Bereits am Dienstag war es den afghanischen Truppen gelungen, das rund 30 Kilometer nördlich gelegene Naway-e-Barakzayee zurückzuerobern. "Wir werden nicht ruhen, bis die Extremisten besiegt sind", sagte Koalitionssprecher Thomas Collins. Die 34 afghanischen Provinzen haben insgesamt rund 400 Distrikte.

Gefechte

Präsidentensprecher Karim Rahimi sagte am Dienstag, die Rebellen hätten nach 16-tägigen Gefechten alle afghanischen Sicherheitskräfte aus Garmsir vertrieben. Dann seien acht Fahrzeuge mit bewaffneten Rebellen von Pakistan aus in den Grenzdistrikt Garmsir und die gleichnamige Distrikthauptstadt eingerückt. Helmands Polizeichef Mohammad Nabi Mullahkhail hatte gesagt, hunderte Taliban-Kämpfer hätten auch den Nachbardistrikt Naway-e-Barakzayee angegriffen.

Collins sagte, am Montag seien bei Kämpfen in der südafghanischen Provinz Urusgan ein Koalitionssoldat getötet und elf weitere verletzt worden. Das afghanische Verteidigungsministerium teilte am Dienstag mit, in Urusgan seien am Vortag auch neun Taliban-Kämpfer getötet worden. Die Koalition wertete ihre Offensive in Südafghanistan am Dienstag trotz der andauernden heftigen Gefechte als erfolgreich.

Verlagerung

Der deutsche Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) sagte bei seinem Besuch in Afghanistan, er halte die Verlagerung des Einsatzschwerpunktes der Bundeswehr in den Norden des Landes für richtig. "Es ist ganz wichtig, dass die Menschen spüren, dass nicht nur ein Prozess in (der Hauptstadt) Kabul stattfindet, sondern auf das gesamte Land ausgedehnt wird, und es auch für sie eine Perspektive gibt", sagte er in der ARD-"Tagesschau".

Jung besucht derzeit die deutschen Wiederaufbauteams der Bundeswehr im Norden Afghanistans. An diesem Mittwoch besucht der CDU-Politiker erstmals den neuen Standort der Bundeswehr in Masar-i-Sharif. Zu Monatsbeginn hatte diese ihren Einsatzschwerpunkt von der Hauptstadt Kabul dorthin verlegt und das Kommando über die Internationale Schutztruppe ISAF im Norden übernommen. In den vergangenen Wochen wurde die Bundeswehr vermehrt Ziel von Anschlägen.

Sicherheitslage

Die Sicherheitslage in Afghanistan ist so schlecht wie nie seit dem Sturz des Taliban-Regimes Ende 2001. Bei den schweren Gefechten in Südafghanistan sind in den vergangenen Wochen hunderte Rebellen getötet worden, auch mehrere ausländische Soldaten kamen ums Leben. Afghanistan wirft der Regierung in Islamabad immer wieder vor, nicht zu verhindern, dass Taliban-Kämpfer von Pakistan aus in Afghanistan angreifen. Pakistan weist die Vorwürfe zurück. Taliban-Milizen haben bereits in der Vergangenheit Distrikthauptstädte in Südafghanistan erobert, wurden aber immer wieder nach kurzer Zeit vertrieben.

Am 31. Juli will die ISAF die Verantwortung für den instabilen Süden von den Koalitionstruppen übernehmen. Die USA wollen ihre Truppen in Afghanistan im Gegenzug von rund 19 000 auf 16 500 reduzieren. Die ISAF will in Südafghanistan rund 6000 Soldaten vor allem aus Großbritannien, Kanada und den Niederlanden stationieren. Viele von ihnen sind bereits vor Ort, bis zur Kommandoübernahme durch die ISAF aber den US-geführten Koalitionstruppen unterstellt. Deutsche Soldaten sollen nicht im Süden eingesetzt werden. (APA/dpa)