Bild nicht mehr verfügbar.

G8-Politikergipfel als Laufsteg: Russlands Präsident Wladimir Putin empfing seine Kollegen vor dem prächtigen Tagungsschloss in St. Petersburg mit Lebenspartnern. Cherie, Ehefrau von Tony Blair, kam in Blau.

Foto: Reuters/Dukor
Zum Jahr der "Energiesicherheit" hat Russland, das sich auf dem Weg zur Energiegroßmacht befindet, seinen ersten Vorsitz im Klub der G-8-Staaten gemacht. Angesichts des gegenseitigen Misstrauens, das sich nach dem Gaskonflikt mit der Ukraine zwischen Russland und dem Westen einstellte, wollte der Westen neue Eckpfeiler für eine sichere Versorgung einzementieren. Russland liegt an langfristigen Abnahmeverträgen.

Beim Gipfel in St. Petersburg nun verständigten sich die G-8-Staatschefs erstmals auf globale Prinzipien der Energiesicherheit und verabschiedeten einen diesbezüglichen "Aktionsplan". Da dieser nicht verbindlich ist, hängt alles von der Umsetzung ab.

Ölpreise als "ernste Herausforderung"

Wie schon Tage vor dem Gipfel gemutmaßt wurde, könnte der Aktionsplan daher ein deklarativer bleiben. In dem Papier nennen die G-8 jedenfalls die "hohen und stark schwankenden Ölpreise" als eine der "ernsten Herausforderungen"und verpflichten sich zu "offenen und transparenten" Energiemärkten. Um die Energieversorgung bis 2030 sicherzustellen, seien "Billionen von US-Dollar" zum Ausbau der Infrastruktur nötig.

Der überwiegende Teil müsse in die Entwicklungsländer fließen. Plädiert wird für Effizienz und Umweltverträglichkeit bei fossilen Energieträgern und einen Ausbau erneuerbarer Energien "im großen Stil".

Die Gruppe der G-8 erlangte auch die Zusicherung Moskaus, seinen Energiesektor für ausländische Investitionen zu öffnen. Russland jedoch verweigert nach wie vor die Ratifizierung der internationalen Energiecharta. Mit ihr würden die Freiheiten des Energietransits durch russische Leitungsnetze garantiert. Derzeit hält Gasprom das Monopol, weshalb Ölgesellschaften ihr Gas abfackeln müssen.

Ein gewisser Kompromiss wurde auch im Streit um die künftige Nutzung der Kernkraft erzielt. Wie schon im Vorfeld des Gipfels bekannt geworden war, verständigte man sich darauf, innerhalb der Gruppe unterschiedliche Ansätze zu akzeptieren. "Wir erkennen an, dass die G-8-Mitglieder unterschiedliche Wege verfolgen, um eine sichere Energieversorgung und die Klimaschutzziele zu erreichen", heißt es in der Erklärung. Bis auf Deutschland treten alle G-8-Mitglieder für einen Ausbau einer sicheren Kernenergienutzung ein. In Deutschland bleibt auch die neue Koalition bei dem von der Vorgängerkoalition beschlossenen Atomausstieg.

Produktpiraterie

Die Gewichtung des Atomthemas hatten zuvor schon die USA und Russland vorgenommen. Die beiden Staaten hatten vor einer Woche plötzlich angekündigt, eine Kooperation in der zivilen Atomnutzung aufzubauen. Außerhalb des Energiethemas plädierten die Gipfelteilnehmer für eine schärfere Gangart gegen Produktpiraterie und Korruption-Themen, die vorwiegend an die Adresse des Gastgebers, und im Fall der Piraterie auch an China, gerichtet sind.

Hinsichtlich der Doha-Entwicklungsrunde beschloss man, den fest gefahrenen Karren vom Fleck zu bringen und bis Mitte August eine grundsätzliche Einigung bei der Welthandelsrunde zu erzielen. Diese zielt auf ein neues Abkommen zur Liberalisierung des Welthandels.

Auf Russlands Zustimmung war der Vorschlag des britischen Premiers Tony Blair gestoßen, neue Länder in den G-8-Klub aufzunehmen. Er nannte Mexiko, Südafrika, Indien, China und Brasilien. Besonders für letztere drei konnte sich Putin erwärmen, da die wirtschaftlichen Probleme der heutigen Zeit nicht ohne sie gelöst werden könnten. Deutschland allerdings war von Blairs Vorschlag nicht überzeugt. (Eduard Steiner aus St. Petersburg, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 17.7.2006)