Infografik: Wächter über das Budget-Defizit

Grafik: DER STANDARD
Wien - Nach der jüngsten Rüge aus Brüssel für Österreichs - just im Konjunkturaufschwung - steigendes Budgetdefizit schlägt sich der sozialpartnerschaftlich besetzte Staatsschuldenausschuss in Wien auf die Seite von Finanzminister Karl-Heinz Grasser. Ein Defizitwert von 1,5 Prozent im Jahr 2005 sei im internationalen Vergleich "sehr positiv". Österreich tue sich mit unterdurchschnittlichen Defizit- und Verschuldungsquoten "erfreulich hervor".

Zum Vergleich: Der Durchschnitt der Euroländer kam vergangenes Jahr auf ein Defizit von 2,4 Prozent, die EU-25 auf 2,3 Prozent. Bei der Verschuldung ist der Unterschied geringer: Österreichs Gesamtverschuldung lag Ende 2005 mit 155,1 Milliarden Euro oder rund 20.000 Euro pro Staatsbürger bei 62,9 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt, der Durchschnitt der EU-25 bei 63,3 Prozent vom BIP.

Auch die Ausweitung des Defizits von 2004 auf 2005 um plus 0,4 Prozentpunkte sowie der auch für heuer prognostizierte weitere Anstieg auf 1,7 Prozent schockt die Staatsschuldenwächter nicht. "Die Budgetsituation ist unter Kontrolle. Die Ausgangsposition für die neue Legislaturperiode ist durchaus nicht ungünstig", sagte AK-Experte Günther Chaloupek, Vizepräsident des Staatsschuldenausschusses.

Länder müssen sparen

Aber: "Das wirtschaftspolitische Ziel eines gesamtstaatlich ausgeglichenen Budgets bis 2008 erscheint ohne Maßnahmen zur Eindämmung von dynamischen Ausgabenbereichen sowie zur Effizienzsteigerung, um die vereinbarten Personalreduktionen (Verwaltungsreform II) umzusetzen, aber kaum realisierbar", heißt es im Staatsschuldenbericht. Sparen müssten allerdings vorrangig die Länder. Denn der innerösterreichische Stabilitätspakt werde derzeit und ebenso im Jahr 2007 nicht erfüllt, sagte Ausschuss-Mitglied Gerhard Lehner, der frühere Wifo-Budgetexperte.

Die Bundesländer hätten darin Überschüsse von bis zu 0,75 Prozent vom BIP versprochen, um das Defizit des Bundes in der Maastricht-Gesamtrechnung zu drücken. Derzeit lägen die Überschüsse aber bei maximal 0,1 bis 0,2 Prozent. Insofern müsste einer "Staatsreform" in der nächsten Legislaturperiode "sehr hohe Priorität" eingeräumt werden.

Frisch-Nachfolge noch offen

Nach dem überraschenden Ableben von Ausschuss-Präsident Helmut Frisch leitet Chaloupek das Gremium nun interimistisch. Als Frisch-Nachfolger kommt jedoch nur ein von der Regierung entsandtes Ausschuss-Mitglied infrage.

Als klare Favoriten gelten der Klagenfurter Uni-Professor und Grassers Doktorvater Herbert Kofler sowie IHS-Chef Bernhard Felderer. Wenig bis gar keine Chancen werden Lehner, Hannes Hofer (Bundesbeschaffung, vormals Kabinett Grasser) sowie Sektionschef Gerhard Steger eingeräumt. Entschieden ist noch nicht. Ein Insider sagte aber zum STANDARD: "Der Lehner ist zu alt, der Hofer zu jung, Steger ein Beamter, bleiben nur Kofler und Felderer." (Michael Bachner, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15./16.7.2006)