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Alle Parteien stellen sich auf einen kurzen, sparsamen Wahlkampf ein. Für die Klein-parteien heißt es jetzt, schnell Unterstützungserklärungen zu sammeln. Der Termin könnte der ÖVP nutzen, glauben Meinungsforscher.

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Wien - Nach tagelangem Feilschen, mehrmaligem Verschieben des zuständigen Verfassungsausschusses und einer kurzfristig angesetzten Präsidiale des Parlaments sind alle Parteien froh, dass er endlich da ist: der offizielle Wahltermin am 1. Oktober.

"Kurz und sparsam"soll der Wahlkampf sein, lautete die offizielle Begründung für die Vorverlegung der Wahlen. Dies scheint auch die derzeitige Sprachregelung in den Regierungsparteien zu sein. "Schneller Wahltermin, schnelle Arbeit", fasste es etwa Innenministerin Liese Prokop (ÖVP) zusammen, "rasch zurück zur Arbeit", verlangte Finanzminister Karl-Heinz Grasser.

Eine sozialdemokratische Reaktion zum Wahltermin kam von ÖGB-Präsident Rudolf Hundstorfer: Ein langer Wahlkampf "hätte dem Land nicht gut getan", bei den Wahlen werde die SPÖ "besser aussteigen, als derzeit geredet wird". Hundstorfer versicherte, dass die sozialdemokratischen Gewerkschafter auch nach ihrem Disput mit der Partei "für die sozialdemokratische Idee laufen"werden.

Als "logische Konsequenz" der jüngsten Entwicklungen bezeichnete Grünen-Chef Alexander Van der Bellen den Wahltermin, "die Regierung Schüssel-Haider ist nach fast sieben Jahren am Ende"und "inhaltlich ausgelaugt".

Nur die Kleinparteien haben keinen Grund zum Jubeln: Sie müssen 2600 Unterstützungserklärungen oder drei Abgeordnetenstimmen sammeln, um antreten zu können. Betroffen sind die KPÖ, das Liberale Forum, Hans Peter Martin und möglicherweise auch die FPÖ. Derzeit bekennen sich nämlich im freiheitlichen Klub nur zwei Mandatare - Barbara Rosenkranz und Reinhard Bösch - zur FPÖ.

Meinungsforscher uneins

Unter Meinungsforschern sind die Auswirkungen des relativ frühen Wahltermins und des daraus resultierenden kurzen Wahlkampfs umstritten.

Für Peter Hajek von OGM hat dadurch etwa die ÖVP "alle Trümpfe in der Hand". Angesichts der Probleme der SPÖ mit der Bawag-ÖGB-Affäre und der internen Diskussionen meint Hajek: "Alles spricht für die ÖVP."Möglich wäre es seiner Ansicht nach aber auch, dass die Leute von Sonne und Meer "gemildert"aus dem Urlaub nach Hause kommen und die Bawag-Affäre dann "vielleicht nicht mehr so heiß sehen". Auch Gallup-Chef Fritz Karmasin meinte, die ÖVP sei gegenüber der SPÖ im Vorteil. Die Partei habe ihre Probleme "nicht ausdiskutiert".

Der Politologe Peter Filzmaier bremst die Spekulationen über Auswirkungen des Wahltermins auf den Ausgang. Es müsse für die SPÖ in jedem Fall darum gehen, über den Sommer das Thema aus der öffentlichen Diskussion wegzubringen. Dabei sei es nicht so wichtig, ob die Wahl ein paar Wochen später stattfindet oder nicht.

Auch Peter Ulram vom Fessel-GfK-Institut meint im STANDARD-Gespräch, dass man den Termin nicht überschätzen sollte: "Ob es der 1. oder 8. Oktober ist, ist völlig wurscht."Allenfalls hätten spätere Wahltermine für kleinere Parteien negative Auswirkungen: "Je länger ein Wahlkampf dauert, desto eher kann etwas passieren, auf das man reagieren muss."Parteien mit kleinem Budget würden dann möglicherweise nicht mehr wahrgenommen.

Ernst Koglgruber von marketsieht überhaupt niemanden, dem ein späterer Wahltermin nutzen könnte: "Die Frage lässt sich nicht seriös beantworten. Was wir wissen und auch veröffentlicht haben, ist die Tatsache, dass die Österreicher eher bald wählen wollen - wer da für einen späteren Termin eintritt, würde sich wohl nicht sehr beliebt machen."

Beliebt gemacht haben sich alle vier Parteien jedenfalls bei den Wettbüros. Neben den klassischen Wettfragen ("Welche Partei gewinnt die Nationalratswahl?") gibt es heuer auch Gelegenheiten für Nebenschauplatzwetten. Etwa: Schafft das BZÖ die Vierprozenthürde? (cs, tó/DER STANDARD, Printausgabe, 14. Juli 2006)