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Auch Greenpeace demonstriert gegen die illegale Netzfischerei, auffällig mit gefangener Nixe.

Foto: APA/EPA/Giulia Muir
    In Italien grassiert die illegale Fischerei. Mindestens 200 Boote sind laut Umweltorgani-sation Oceana mit Schleppnetzen unerlaubter Größe ausgestattet, eine Gesetzeslücke macht dies möglich. In den Netzen verfangen sich auch geschützte Tierarten.
Rom - Das Meer vor Italiens Westküste ist spiegelglatt. Langsam zieht die Winde eines Fischerbootes ein Netz an Bord, darin ein bei Feinschmeckern begehrter Schwertfisch. An Bord eines zweiten Bootes klickt unablässig der Verschluss einer Kamera: Die internationale Meeresschutzorganisation Oceana dokumentiert den ihren Angaben zufolge illegalen Fischzug.

Das Netz sei länger als 2,5 Kilometer, der in der EU zulässige Maximalwert, erklären die Experten. Die italienische Regierung wisse um das Problem, statte ihre Küstenwache aber nicht ausreichend aus, um den Raubfischern Einhalt zu gebieten.

Oceana hat in den vergangenen Wochen viele Verstöße dokumentiert und zahlreiche Boote von der Küstenwache aufbringen lassen. In 46 Fällen seien dabei verbotene Netze sichergestellt worden, teilte Oceana mit.

"Unglücklicherweise haben unsere Funde unsere Befürchtungen übertroffen", sagte Expeditionsleiter und Oceana-Direktor Xavier Pastor. "Die Häfen von Kalabrien und Sizilien sind voller Fischerboote, die mit Treibnetzen überladen sind. Zudem haben sie am Heck genau jene Geräte, die zum Fischen mit diesen illegalen Netzen nötig sind.

Lücke im Gesetz

Ricardo Aguilar, der Forschungsdirektor von Oceana, schätzt die Zahl der illegalen italienischen Treibnetzfischer auf mindestens 200. Sie nutzten eine Lücke im italienischen Gesetz: Der Besitz der Netze ist nicht strafbar. Zurzeit könne die Küstenwache daher nur dann etwas unternehmen, wenn sie die illegalen Fischer auf frischer Tat ertappe, sagte Gaetano Benedetto vom italienischen Umweltministerium. Deswegen müsse die italienische Regierung die Rechtssprechung ändern: Den Fischern müsse verboten werden, diese Netze überhaupt an Bord zu haben.

Die Raubfischer arbeiten laut Oceana oft mit Tricks: Wer die illegalen Maschen auslege, habe als Alibi vielfach noch lange Leinen mit zahlreichen Haken mit an Bord, um im Fall der Fälle sagen zu können, die Tunfische damit an Bord geholt zu haben. Manchmal allerdings verrieten Verletzungen in der Haut der Tunfische, dass sie in die Netze geraten seien, mit denen erheblich mehr Tiere gefangen werden können.

Dem EU-Fischereikommissar Joe Borg liegt der Report vor, sagte seine Sprecherin Mireille Thom in Brüssel. In diesem Zusammenhang habe die EU bereits ein Verfahren gegen Italien eröffnet - wegen des Verstoßes gegen die geltenden EU-Regeln. "Jedes Mitgliedsland ist dafür verantwortlich, die geltenden Vorschriften und Gesetze ausreichend durchzusetzen", erklärte Thom.

"Tödliche Gardinen"

Über die Bedrohung der Meere durch Treibnetze sind sich die Experten der EU und der UNO seit langer Zeit einig: Dies sei eine besonders verheerende Art der Fischerei. Die Netze können im Extremfall bis zu 20 Kilometer lang und 40 Meter hoch sein. Maschen treiben dicht unter der Wasseroberfläche.

Oceana spricht von "tödlichen Gardinen", die gleich doppelt schaden: Zum einen dezimieren sie die begehrten Arten empfindlich, und zum anderen unterscheiden die Netze nicht zwischen erlaubten und verbotenen Fischen.

In den dünnen, aber hochstabilen Nylonfäden endet daher jede Menge Beifang: Haie, Delfine und andere Wale, Vögel oder Schildkröten - vielfach Arten, die in der EU und anderswo mit viel Mühe und Geld geschützt oder vorm Aussterben bewahrt werden sollen. (Thilo Resenhoeft/dpa, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14.7.2006)