Köpfe aus dem Szondi-Test und davor jener Kopf, der sich ihre filmische Bearbeitung ausgedacht hat: Kurt Kren, 1977 in Köln.

Foto: Atelier Augarten/Sammlg. Scheugl
Ein kleiner Rundgang durch die "frühen Jahre": Die Ausstellung "Das Unbehagen am Film" im Atelier Augarten widmet sich dem Werk des österreichischen Filmavantgardisten Kurt Kren und macht Arbeitsweisen und Kontexte sichtbar.


Wien - Der österreichische "Filmmacher"Kurt Kren (so lautet die Bezeichnung auf dem Stempel, mit dem er manche seiner Arbeiten signierte), 1929 in Wien geboren und 1998 auch hier gestorben, zählt zu den wichtigsten Vertretern der heimischen und internationalen Kinoavantgarde. Hinter dieser Verknappung verbergen sich komplexere Lebensumstände und fragile Arbeitszusammenhänge, teils erzwungene, teils freiwillig erfolgte Aufenthalte anderswo, so manche ökonomische Zwangslage und eine späte "Wiederentdeckung".

Nicht nur diesbezüglich ist die Konsultation des zur Ausstellung erschienenen Kataloges unbedingt zu empfehlen. (Bereits 1996 hat Hans Scheugl den Band "Ex Underground. Kurt Kren und seine Filme" herausgegeben.)

Die begehbare Würdigung im Atelier Augarten, die im Titel "Das Unbehagen am Film"beschwört, konzentriert sich dagegen auf die "frühen Jahre". In den 1950ern nimmt Kren, damals noch Angestellter der Oesterreichischen Nationalbank, seine Filmarbeit auf.

Die Exponate geben einen kleinen Einblick in seine Arbeitsweise (und in das, was unter dem Begriff "struktureller Film"zu verstehen ist): Partituren zu einigen Werken hängen gerahmt an der Wand - dichte abstrakte Notate, die etwas über die Organisation der Bildfolgen erzählen, über Rhythmus und Montage. Siebdrucke der Wiener Künstlerin sind dem darauf basierenden Film "11/65 Bild Helga Philipp" beigestellt.

In Schaukästen liegen einige jener roten Boxen zur Ansicht, in denen Kren (und der Maler Wolfgang Ernst als Herausgeber) später, in den 70er-Jahren, Filme, Partituren und Fotos vertreiben sollten. Und sie verweisen zugleich auf die Frage, wie sich denn diese eigentlich auf der Leinwand beheimateten Arbeiten in den Kontext eines Kunstmarkts einfügen ließen.

Unmittelbar anschaulich wird Krens Arbeit jedoch auch im provisorischen Kinosaal: Drei Filme, "1/57 Versuch mit synthetischem Ton (Test)", "2/60 48 Köpfe aus dem Szondi-Test" und "03/60 Bäume im Herbst", sind dort zu sehen. (Mit diesen hatte die durchlaufende Werk-Nummerierung, die mit "50/96" endet, begonnen.)

Die geloopte Rolle lädt zum mehrmaligen Betrachten ein. Dann erschließen sich auch einem ungeübten Betrachter strukturelle Vorgaben (das Zerlegen der Gesichter und ihr Verschmelzen, das als eine Vorform von "morphing"erscheint). Zugleich wird etwas vom Kren'schen Humor angedeutet (das Wechselspiel von Mauer, Kaktus und Revolver). Und schließlich entfaltet das herbstliche Geäst auch jene poetischen Qualitäten, die noch spätere Arbeiten Krens charakterisieren.

Auf der Basis solcher Arbeiten wird Kren in den 60ern vorübergehend zu einem filmenden Chronisten des Wiener Aktionismus: Entsprechend eigenwillig und eigenständig gestalten sich seine "Dokumentationen". Sehr schön ablesen lässt sich das an Zusammenspiel (und Kontrast) zwischen Ludwig Hoffenreichs fotografischer und Kurt Krens filmischer Wiedergabe einer Aktion von Günter Brus: Während die Fotos tendenziell ein statuarisches Moment betonen, stilisieren, erscheint dasselbe Geschehen in "8/64Ana" von Kren wildbewegt, schnell geschnitten und auf ganz eigene Weise "aktionistisch".

Die Zusammenarbeit mit den Aktionisten markiert nicht nur in Krens Werk einen eigenen Abschnitt. Per 31. 12. 1968 kündigt er seine Stelle, ausgedehnte Auslandsaufenthalte beginnen. Die Exposition der späten Jahre ist (noch) dem Kino vorbehalten. (Isabella Reicher / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13.7.2006)