Gespräche in den Regionen, eine Grundsicherungs-Enquete und Gesetzesänderungen sollen bis 2007 die Reichtums-Umverteilung bewirken.


Graz – Die Entscheidung, sich künftig um die steigende Armut zu kümmern, fiel bei den steirischen Grünen nach der Landtagswahl 2005. Denn während sie mit Spitzenkandidatin Ingrid Lechner-Sonnek auf drei Landtagssitzen hocken blieben, zog die KPÖ mit Slogans wie "Geben statt Nehmen" nicht nur in den Landtag ein, sie überholte die Grünen sogar um ein Mandat. Das letzte halbe Jahr verbrachten die Grünen-Landtagsabgeordnete Edith Zitz und Christian Wabl von der Grünen Akademie nun in "Hinterzimmern von Gasthäusern" in der ganzen Steiermark, um mit Betroffenen und Mitarbeitern von AMS und Sozialplattformen zu sprechen. "Früher hat man gelernt, ein guter Samariter teilt sein letztes Hemd. Heute fragt man sich: Wer sind die Räuber, die die Armen am Straßenrand überfallen?", zitiert Wabl bei einem Pressegespräch am Mittwoch einen Knittelfelder Pfarrer, den er auf der Armuts-Tour traf. Für Wabl und Zitz ist es klar, dass eine Million von Armut gefährdete Österreicher "nicht alle selbst schuld sein können".

Laut Zitz sei einerseits "versteckte und verschenkte Armut" ein wachsendes Problem – also Menschen, vorwiegend Frauen, die ein Anrecht auf Sozialhilfe hätten, sich aber nicht trauen, einen Antrag zu stellen oder in diesem Vorhaben bei der zuständigen Gemeinde "demotiviert werden". Zusätzlich schrecke die Rückzahlpflicht viele Empfänger ab. Die Rückzahlpflicht wollen die Grünen mit Unterstützung anderer Fraktionen abschaffen, wobei sich derzeit die SPÖ dagegen wehre.

Frauen seien besonders gefährdet, etwa durch Gewalt in einer Beziehung und den Verlust der Wohnung arm zu werden. Zusätzlich zur körperlichen Gewalt gibt es aber andere Gewaltformen, die fast alle Frauen betreffen, so Zitz: "Einer Alleinerzieherin wird für einen Teilzeitjob für 500 bis 600 Euro zugemutet, eineinhalb Stunden Fahrtzeit auf sich zu nehmen. Wenn sie dann etwa kein Auto hat, kann sie die Arbeitslosenunterstützung verlieren: Das ist für mich strukturelle Gewalt."

Wohnen in Kasernen

Eine Grundsicherungs-Enquete ist im März 2007 soll ein wichtiger Teil der Grünen-Armutsbekämpfung werden. Doch Gesetzesänderungen im Bereich der Arbeitslosenversicherung und der Steuer seien unabdingbar, so Wabl: "Mit der Grundsicherung allein ist man trotzdem isoliert, der Staat muss Reichtum über Steuern umverteilen."

Die Idee, Gemeindewohnungen in alte Kasernen zu bauen, für die die Grazer KPÖ-Stadträtin, Elke Kahr, am Mittwoch 5100 Unterstützungserklärungen an die Zweite Nationalratspräsidentin Barbara Prammer übergab, findet Zitz "nachvollziehbar und in Ordnung, aber wir wollen verhindern, dass Leute überhaupt so weit kommen, sich am Wohnungsmarkt nicht mehr bewegen zu können". (Colette M. Schmidt/ DER STANDARD, Printausgabe, 13.7.2006)