Brüssel - Die frühere EU-Kommissarin Edith Cresson bekommt nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs trotz Vorwürfen der Günstlingswirtschaft ihre volle Pension.

Die obersten EU-Richter bestätigten am Dienstag in Luxemburg zwar, dass die Französin mit der von ihr durchgesetzten Einstellung eines befreundeten Zahnarztes bei der Kommission ihre Pflichten verletzt habe. Denn damit habe sie gegen EU-Personalvorschriften verstoßen. Diese Feststellung reiche als Sanktion aber aus. Es sei nicht angemessen, Cresson deshalb ihre Pensionsansprüche zu streichen. Der Fall Cresson hatte maßgeblich zum Sturz der EU-Kommission unter dem Luxemburger Jacques Santer im März 1999 beigetragen.

Wissenschaftlicher Experte

Cressons befreundeter Zahnarzt war beim Amtsantritt der früheren französischen Ministerpräsidentin bei der Kommission 1995 mit 66 Jahren bereits zu alt für eine Einstellung. Auch waren alle Stellen in dem persönlichen Beraterstab Cressons besetzt. Cresson sorgte nach Feststellung des Gerichts dafür, dass der Zahnarzt als wissenschaftlicher Experte eingestellt wurde. Er sei dann aber nie als solcher beschäftigt gewesen, sondern habe vielmehr nur Cresson als Berater zur Verfügung gestanden. Zudem war sein Vertrag entgegen der EU-Regeln über zwei Jahre hinaus verlängert worden.

In einem zweiten Fall wies der EuGH die Vorwürfe gegen Cresson zurück. Die Vertragsangebote an einen mit Cresson befreundeten Wirtschaftsanwalt stellten keine Pflichtverletzung dar. (Reuters)