Nein, sowieso: Zidane hätte nicht dürfen. So wie damals auch Dietmar Kühbauer nicht gedurft hätte, als seine schwangere Frau in der Universitätsklinik in Innsbruck mit dem Tod rang, und ein Ried-Spieler es angeblich angebracht fand, den ohnehin bekannt reizbaren Kühbauer mit schweinischen Andeutungen über seine eben ins Sterben hinübergleitende Frau in die rote Karte zu treiben.
Es mag Menschen geben - Spieler, Trainer, Funktionäre, Fans - die so was "professionell" finden. Andere halten es dagegen für schlicht erbärmlich. Und deshalb den Kopfstoß des Zinédine Zidane ebenso wie die Ohrfeige des Dietmar Kühbauer für so menschlich, dass man auch dann zum Verständnis neigt, wenn man ansonsten dem Brachialen nicht unbedingt das Wort redet.
Kurz: Die FIFA, der Weltfußball-Verband, sollte sich jetzt schleunigst was einfallen lassen, unverschämte Dinge wie diese zu unterbinden. Einen Menschen bis aufs Blut zu reizen ist genauso unsportlich wie die theatralische Schwalbe, deren Beherrschung man nicht nur in Lissabon, sondern auch in Mailand (und Wien) zum Schaden des Sports, zum "State of Art", rechnet.
Dabei hätte Marco Materazzi, hätte er an entscheidender Stelle geschwiegen, zum Rookie des Turniers werden können. Dem 1973 in Lecce geborenen, 1,93 Meter großen Innenverteidiger von Inter Mailand ist es gelungen, aus dem Schatten des verletzten Alessandro Nesta zu springen, sich neben Abwehrchef Fabio Cannavaro zu etablieren.
Im Finale verursachte er erst einen Elfmeter, den Zidane verwandelte. Kurz darauf sorgte er per Kopf für den Ausgleich, um dann beim Penaltyschießen sicher zu verwandeln. Ehre genug für den Sohn des Giovanni Materazzi, der immerhin einmal Sporting Lissabon trainiert und dem Sohn den Fußball in die Wiege gelegt hat.