Abhängen anders. Nicole Six in der Raumvermessungs-Arbeit "Two by Four"von Six und Paul Petritsch.

Foto: Camera Austria

Graz – Sattes Grün, wohin das Auge reicht, ein gepflegter Rasen, Bäume, die etwas Schatten spenden, und schemenhaft ist auch ein Eichhörnchen auszumachen, das wohl gerade eine Nuss gefunden hat: Der Kanadier Miles Coolidge hat in seiner 27 Meter langen Fotoarbeit Observatory Circle das 360-Grad-Panorama ein ruhiges Fleckchen in Ohio festgehalten, auf dem man vergeblich nach seiner Bedeutung sucht. Denn: "First the Artist Defines Meaning"(Zuerst definiert der Künstler die Bedeutung), wie der US-Kunsttheoretiker Dan Graham in den 60er Jahren schrieb. Coolidge hat in diesem Fall einen Golfplatz fotografiert, der einst eine Begräbnisstätte für indigene Völker war.

Das Graham-Zitat ist auch Titel einer Ausstellung in der Grazer Camera Austria, für die die Kuratoren Reinhard Braun und Maren Lübbke-Tidow jüngere Künstler einluden, die zwar konzeptuell arbeiten, aber mit der Concept Art im Sinne der 60er Jahre nicht mehr viel zu tun haben. Was allen Arbeiten gemein ist, ist die Auseinandersetzung mit Räumen, die ausgemessen, zerstückelt und hinterfragt werden.

Eine der witzigsten Arbeiten ist das 3000 Seiten starke Raumbuch von Nicole Six und Paul Petritsch, das aus den Bildern eines von der Decke bis zum Boden abfotografierten Zimmers besteht.

Die Berlinerin Christine Würmell untersucht den öffentlichen, wirtschaftlichen wie politischen Raum. Mit Spuren von Farbbomben und Graffitis und einem Eck für Diego Maradona schafft sie den Rahmen für ihre Fotos von Straßen, die ihrerseits mit Graffitis und Werbungen überzogen sind.

Ralf Hoedt aus Dänemark und der Deutsche Peter Piller zeigen Ausschnitte aus ihren sehr unterschiedlichen Archiven. Hoedt nähert sich mit seinen "Systemen von Dokumentationen"über Fotos von Büroräumen, Architekturen, Logos oder Details von alledem, seinem Thema, der Corporate Identity an. Piller sucht und findet seit zehn Jahren Fotos in Zeitungen, Firmen und Archiven und gibt Bildern, die einst vielleicht unbeabsichtigt verwackelt oder für einen nicht mehr gültigen Zweck gemacht wurden, eine neue Bedeutung. Die alten Schwarzweiß-Fotos, die er mitgebracht hat, erzählen stille, fast berührende Geschichten von Unbekannten. (Colette M. Schmidt /DER STANDARD, Printausgabe, 11.7.2006)