Seoul - Nordkorea hat im Konflikt um seine Raketentests die Tonart gegenüber den USA verschärft. Washington spiele mit seinen laufenden Militärübungen im Pazifik "ein extrem provokatives und gefährliches Spiel, das auf einen zweiten Korea-Krieg zielt", heißt es am Montag in einem Kommentar der offiziellen nordkoreanischen Zeitung "Rodong Sinmun". Während die USA Nordkorea zur Rückkehr an den Verhandlungstisch aufforderten, brachte Japan einen Präventivschlag gegen das Land ins Spiel.

Der offizielle Zweck der Übungen der USA mit sieben weiteren Staaten, die Sicherheit der Schifffahrtsrouten und den Kampf gegen den Terrorismus zu unterstützen, sei nur ein Vorwand, heißt es in dem von der südkoreanischen Nachrichtenagentur Yonhap veröffentlichten Kommentar der Zeitung. "Während die Welt beunruhigt ist, könnte ein neuer Krieg auf der koreanischen Halbinsel katastrophale Folgen haben." Die Halbinsel sei Teil einer "aggressiven Asien-Strategie" Washingtons.

Nordkorea hatte in der vergangenen Woche mindestens sieben Raketen, darunter auch eine Langstreckenrakete vom Typ Taepodong-2, abgefeuert und damit weltweit scharfe Proteste ausgelöst. Der Test der Taepodong, die im Prinzip auch US-Gebiet erreichen könnte, war nach amerikanischen Angaben jedoch gescheitert, weil sie frühzeitig ins Japanische Meer gestürzt sei. Nordkorea hatte die Rimpac-Militärübungen bereits im Juni als Übung für einen Angriff auf das Land bezeichnet.

Der stellvertretende US-Außenminister Christopher Hill rief Pjöngjang erneut zu einer Rückkehr zu den Sechs-Länder-Gesprächen über sein Atomprogramm auf. Nordkorea habe die Wahl zwischen "anhaltender Isolation" oder Kooperation mit der internationalen Gemeinschaft, sagte Hill am Montag in Tokio nach einem Treffen mit dem japanischen Außenminister Taro Aso. "Ich hoffe, sie treffen die richtige Wahl." Hill betonte, dass "wir alle, alle mit einer Stimme sprechen bezüglich dieser provokativen Aktion der Nordkoreaner, Raketen aller Formen und Größen zu starten".

Der japanische Regierungssprecher Shinzo Abe sagte, sein Land denke auch über einen Präventivschlag gegen die nordkoreanische Raketenstellung nach. Die japanische Verfassung sehe zwar nur Maßnahmen zur Selbstverteidigung vor. "Wenn wir davon ausgehen, dass es keine andere Möglichkeit gibt, um einen Angriff zu verhindern, dann gibt es die Ansicht, dass es mit dem Verfassungsrecht auf Selbstverteidigung vereinbar wäre, die Abschussbasen mit Marschflugkörpern anzugreifen", sagte Abe. Zugleich wies er südkoreanische Kritik an den von Japan gegen Nordkorea verhängten Wirtschaftssanktionen zurück. "Es ist nur natürlich für Japan, mit Maßnahmen zu reagieren, um die Krise zu managen, und ich denke (Südkoreas) Art, dies zu beschreiben, war bedauerlich." Südkorea hatte Japan vorgeworfen, zu heftig reagiert zu haben. Die Raketentests seien schließlich vorhersehbar gewesen.

UNO-Sicherheitsrat verschiebt Abstimmung über Resolution

Der UNO-Sicherheitsrat hat indessen seine Abstimmung über eine Resolution zu den jüngsten nordkoreanischen Raketentests verschoben. US-Außenministerin Condoleezza Rice sagte, die USA hätten sich mit einem Vorschlag Japans einverstanden erklärt, zunächst den Ausgang einer chinesischen Delegationsreise nach Nordkorea abzuwarten. Die chinesische Initiative habe "gewisse Erfolgaussichten", betonte Rice. Die Delegation aus Peking war zuvor am Montag in Pjöngjang eingetroffen.

Der japanische Kabinetts-Sekretär Shinzo Abe sagte nach Angaben der Nachrichtenagentur Kyodo, das Votum im Sicherheitsrat solle um "mehrere Tage" verschoben werden. Der japanische Ministerpräsident Junichiro Koizumi hatte bereits angekündigt, dass sein Land nicht auf einer Abstimmung schon am Montag bestehen werde. Dadurch solle den von China angeführten diplomatischen Bemühungen mehr Zeit gegeben werden.

Der Sicherheitsrat hatte allerdings noch keinen Termin für das Votum festgelegt. Das Gremium sollte ursprünglich an diesem Montag einen Zeitpunkt für die Abstimmung festsetzen.

Japan hat einen Resolutionsentwurf in das mächtigste UNO-Gremium eingebracht, der Sanktionen gegen Nordkorea als Reaktion auf die Raketentests vorsieht. Der Text beinhaltet ein Embargo auf alle Rüstungsgüter, die für Raketen und Massenvernichtungswaffen verwendet werden können. Der Entwurf wird von den USA und den übrigen westlichen Staaten in dem Gremium unterstützt. Die Verhandlungen im Rat gestalteten sich in den vergangenen Tagen aber sehr schwierig, da China und Russland Sanktionen gegen Nordkorea ablehnen. (APA/dpa/Reuters)