Andere mögen Fotos nach Hause bringen, Schnappschüsse von historischen Orten, berühmten Personen, man selbst womöglich in deren Mitte. Horacio Marcelo Elizondo aber hat sich anderes vorgenommen: "Ich habe mir schon Gedanken gemacht und ein Thema im Kopf", sagt er, "ich werde etwas verfassen, was sich mit der Psyche der Schiedsrichter beschäftigt."

Und das wird dann irgendwie so klingen: "Unabdingbar ist/Rechtzeitig Veränderung/ zu sein. - Unabdingbar ist/ Wie ein Blatt im Wind zu sein."Unabdingbar, so wird es sich der Weltfußballverband, die FIFA, wohl gedacht haben, als er das sonntägige WM-Finale in die Hände von Elizondo gelegt hat, unabdingbar wird vor allem sein, den beschädigten Ruf der Schiedsrichter zu korrigieren. (Auch wenn dazu manches Mal es nur notwendig wäre, dass FIFA-Chef Sepp Blatter einfach schwiege.)

Horacio Marcelo Elizondo hat sich jedenfalls während dieses Turniers diesbezüglich in den Vordergrund gepfiffen. Und das nicht nur durch den hoch notwendigen Ausschluss des Engländers Wayne Rooney im Viertelfinale gegen Portugal.

Er wird der erste Argentinier sein, der ein WM-Finale pfeift. Er wird der Erste sein, der sowohl das Eröffnungs- als auch das Endspiel leitet. Und er wird wie der Mexikaner Benito Archundia fünf WM-Partien bei dieser Endrunde leiten. Aber unabdingbar war es, Überkommenes beiseite zu schieben. FIFA-Generalsekretär Urs Linis: "Wir haben auch an anderer Stelle mit Traditionen gebrochen. Es geht eben nur um die Leistung."

Und da habe eben alles für den Argentinier gesprochen, der am 4. November 1963 in der Stadt Parada Robles, in der er mit Frau und zwei Kindern heute noch lebt, zur Welt gekommen ist. Dort erlernte er auch den ehrenwerten Beruf eines Sportlehrers, ergriff aus Gründen, die irgendwann einmal in Gedichtform vorliegen werden, das Steckenpferd des Fußball-Schiedsrichters, neben dem er sich nur häufige Expeditionen auf und quer über die Golfplätze gönnt. Wenn er nicht gerade schreibt.

Seit 1994 ist er als Referee bei der FIFA akkreditiert. Sein erstes Länderspiel pfiff er im Oktober 1996. Und es sollte bis zum September 2001 dauern, bis Österreich seine Pfeife kreuzte. In der WM-Qualifikationen gegen Spanien in Valencia. Teamchef Otto Baric wetterte vorsorglich gegen den Argentinier: "Er spricht Spanisch."Und er wetterte zurecht: Österreich verlor 0:4.

War das schon eine Art Höhepunkt im Schirileben des Horacio Marcelo Elizondo, so wird dieser vom Berliner Endspiel doch noch getoppt: "Ich bin von den Emotionen ganz erschlagen."Beziehungsweise, wenn man sich mit der Lyra begleitet: "Unabdingbar ist/ Ein Spielball des Talents/zu sein - Unabdingbar ist/Ein Mann mit Mut zu sein." (Wolfgang Weisgram - DER STANDARD PRINTAUSGABE 8./9. 2006)