Plakat: Festspiele Stockerau
Stockerau - Seit acht Jahren beglückt Alfons Haider als Intendant und Hauptdarsteller sein Publikum mit dem Open-Air-Festival in Stockerau. Dieses Jahr bringt er quasi eine Auflehnung gegen die Mozart-Honorationen, das Musical Schani -mehr als ein Leben erzählt das Leben von Johann Strauß Sohn (Haider). Immerhin ist der Walzerkönig als "Musikexport"genauso populär wie der gefeierte Mozart.

Von Walzer ist in den Musikstücken Béla Fischers zwar wenig zu hören, seine Bearbeitungen der Strauß-Kompositionen orientieren sich allerdings auch mehr an dessen Operettenerfolgen und wandeln sie in volksmusikalische Variationen. Ob der Aufruf zum Schunkeln dem Bemühen, "großes"Theater in die niederösterreichische Kleinstadt zu bringen, entgegenkommt, ist fraglich. Für Buch und Regie des am Mittwoch uraufgeführten Musicals zeichnet Tamás Ferkay verantwortlich, der auch schon 2003 im Duett mit Haider inszenierte (Sag beim Abschied ...). Walter Vogelweiders Bühnenbild ist gewohnt funktional konstruiert, mit einem Fokus auf einer fließenden Struktur mehrer Ebenen, die zeitgleich bespielt werden können, trotzdem zeigt die Bühne nicht viel mehr als eine aufklappbare Kitschpostkarte.

Fliehendes Genie

Den "Schani"schreibt Ferkay als klischeehaft zerrissenen und ewig gejagten Musiker und Frauensüchtler ab, als ein neurotisch fliehendes Genie, das sich weder durch den Erfolg bei der Hietzinger Spaßgesellschaft aus dem Cafè Dommayer noch durch seine drei Ehen zufrieden stellen will. Spaß bereitet es ihm lediglich, seinen Bruder oder seine Frau öffentlich zu blamieren, also adressiert er Briefe etwa an "Madame Lina Strauß, die sich gern täglich begatten lassen möchte". Das Glück glaubt Strauß letztendlich in einer Oper zu finden, die ihm aber wenig Erfolg brachte.

Alfons Haider integriert sich scheinbar bewusst zurückhaltend in das fröhliche Ensemble (u. a. Sabine Muhar, Jörg Stelling und Gloria Wind), das jedoch die Solodarbietungen der Hauptdarsteller mühelos in den Hintergrund stellt und laut nach höheren Anforderungen schreit. Raum dafür bekommt allerdings nur Heidelinde Pfaffenbichler, die gleich alle vier Frauen des Schanis spielt und den Kitschanspruch des Stückes graziös von sich ablenkt. Ab September wird das Musical dann vom Wiener Metropol übernommen. (DER STANDARD, Printausgabe, 8./9.7.2006)