Johannes Kopf, neuer Vorstand des Arbeitsmarktservice (AMS).

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STANDARD: Ihre Bestellung war eine extrem schwere Geburt und von viel Polit-Hickhack begleitet. Sie wollen die Vermittlung beschleunigen, den Wettbewerb unter den AMS-Kursanbietern steigern. Das sind doch ressortfremde Agenden, wenn man bedenkt, dass Sie Finanzvorstand Herbert Böhm nachgefolgt sind. Droht da der nächste Konflikt, nun im AMS-Zweiervorstand?

Kopf: Nein, selbst wenn es keine Änderung der Geschäftseinteilung im Vorstand geben sollte, war die Arbeitsmarktpolitik schon bisher geteilte Kompetenz im Vorstand.

STANDARD: Sie sehen sich nicht nur als neuer Finanzvorstand?

Kopf: Nein, definitiv nicht.

STANDARD: Ist es für Sie nachvollziehbar, dass es da und dort heißt, Sie wären nur AMS-Vorstand geworden, weil sie aus dem Kabinett von Wirtschaftsminister Bartenstein kommen, aber gar keine Managementerfahrung haben und jetzt dennoch einem Betrieb mit über 4000 Mitarbeitern vorstehen?

Kopf: Ich habe die Kritik erwartet, sie verwundert mich nicht. Trotz allem gibt es einen Bestellungsvorgang und die gesetzlichen Vorschriften dazu. Und alle neun Mitglieder des Verwaltungsrates, also AK, ÖGB, Wirtschaftskammer, Industrie und Regierung haben Vertrauen in meine Arbeit und für mich votiert.

STANDARD: Wäre es Ihnen lieber das AMS käme in Zukunft ohne Sozialpartner aus und würde wirklich privatisiert werden?

Kopf: Auf keinen Fall. Das AMS wird finanziert von Arbeitgebern und Arbeitnehmern und jetzt auch, weil die Arbeitslosenversicherung defizitär ist, von Beiträgen des Staates. Das ist richtig und wichtig, dass die alle im Boot sind. Das Erfolgsrezept des AMS ist gerade die Einbindung der Sozialpartner, weil sie beide Seiten des Marktes, die Bedürfnisse von Arbeitgebern und Arbeitnehmern kennen, bis in die Regionen hinunter.

STANDARD: Apropos Bedürfnisse: Trenkwalder, Österreichs größter privater Stellenvermittler, bekommt als erster Zugang zur AMS-Datenbank, und ihr Vorgänger Böhm sitzt jetzt dort im Vorstand. Schiefe Optik?

Kopf: Falsch. Trenkwalder bekommt als Großkunde nur einen einfacheren Datenbank-Zugriff, wie andere Großkunden in Zukunft auch, aber inhaltlich an Daten nicht mehr, wie jeder andere Arbeitgeber auch. Und zum Wechsel Böhms gibt es keinerlei Konnex, der Beschluss zur Kooperation mit Trenkwalder ist viel älter, das ist wirklich absurd.

STANDARD: Sie sagten vorher, jetzt wo die Arbeitslosenversicherung defizitär ist...rechnen Sie mit einem derart kräftigen Sinken der Arbeitslosigkeit, dass das AMS bald kein Zuschussbetrieb mehr sein wird?

Kopf: So schnell wird das leider nicht gehen, aber immerhin. Im Vorjahr lag unser Defizit bei 350 Mio. Euro, also etwas unter zehn Prozent vom Gesamtbudget. Grob kann man sagen, wenn die Arbeitslosigkeit auf Jahresbasis um weitere etwa zehn Prozent sinkt, haben wir wieder eine schwarze Null. Aber bevor Sie fragen: Ich bin gegen Beitragserhöhungen, das wäre schlecht für die Konjunktur.

STANDARD: In ersten Statements haben Sie als Ziel zufriedene Kunden und eine schnellere Vermittlung genannt. Steigert es die Zufriedenheit von Wiener Arbeitslosen, wenn man sie zu Tourismusbetrieben in Tirol schicken will?

Kopf: Wir brauchen eine höhere Mobilität in Österreich. Die Zeit und die Wirtschaft ändern sich und da wird eine höhere Mobilität verlangt, die auch in gewisser Weise zumutbar ist. Es ist schon schwer verständlich, warum Leute aus Ostdeutschland hierher kommen, aber aus Wien nicht.

STANDARD: Der Leidensdruck in Ostdeutschland ist aber auch ein ganz anderer.

Kopf: Ja, die Jugendarbeitslosigkeit ist dort dreimal so hoch. Aber auch bei uns gibt es schon Bereiche, wo wir eigentlich zu wenig Arbeitskräfte haben und ich glaube, dass wird noch stärker: In den technischen Berufen, in Dienstleistungsberufen, in der Pflege. Da braucht es auch mehr berufliche Mobiltät. Wiedereinstiegerinnen in Pflegeberufen funktioniert wunderbar.

STANDARD: Sie denken im Vermittlungszusammenhang über Provisionen für AMS-Berater nach. Wohin geht da die Reise?

Kopf: Wir haben schon jetzt ein Jahresprämiensystem, je nach Zielerreichung etwa einer Regionalgeschäftsstelle. Das kann bis zu einem zusätzlichen Monatsgehalt gehen. Es gibt noch kein fertiges Konzept, aber ein erster Gedanke ist, außerdem Kopfprämien zu zahlen, dort wo es vor allem um Keilertätigkeit geht, also zum Beispiel offene Stellen aufreißen.

STANDARD: Helfen Sie übrigens noch immer bei der Rekrutierung Ostdeutscher, oder sind bereits genug im Lande?

Kopf: Es gab Zeiten aktiver Rekrutierungsmaßnahmen, wo das AMS hingefahren ist, und Leute eingefangen hat, wie Ende der 70er-Jahre in der Türkei, wo es eine Außenstelle der Wirtschaftskammer gegeben hat, für die Anwerbung von Bauarbeitern. Jetzt gibt es Bemühungen der Arbeitsämter in Ostdeutschland, die sich natürlich auch mit unseren Arbeitsämtern verständigen und letztlich auch Fachkräfte bringen, die wir brauchen.

STANDARD: Das AMS versucht seit Jahren vom alten Image des Arbeitsamtes wegzukommen. Sie sagen Arbeitsämter.

Kopf: Mir ist das Arbeitsamt auch nur im Zusammenhang mit Deutschland in den Sinn gekommen, wo das Wort vielleicht noch eher passt. (Michael Bachner, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 8./9.7.2006)

Zur Person Der Jurist Johannes Kopf (32) war von 1999 bis 2003 Referent bei der Industriellenvereinigung. Seit 2003 arbeitete der Arbeitsmarktexperte im Kabinett von Wirtschaftsminister Martin Bartenstein. Seit 1. Juli ist er Vorstand im AMS Österreich.