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FSG-Chef Wilhelm Haberzettl will die ÖGB-Reformen vom Pannenstreifen auf die Überholspur holen.

APA-PHOTO: ROBERT JAEGER
Linz - "Der Willi wird kräftig umrühren, er hat die richtige Power" - Alfred Hoheneder, ÖBB-Betriebsrat aus Freistadt, ist hörbar zufrieden mit Wilhelm Haberzettl als künftigem FSG-Vorsitzenden. Am Donnerstag wagte die noch junge Gewerkschaft "Vida" ihren ersten Schritt an die Öffentlichkeit und lud rund 500 Betriebsräte aus Oberösterreich und Salzburg zu einer kurzfristig einberufenen Betriebsräte-Konferenz ins Linzer Design Center.

Bereits in einer Pressekonferenz vorab wurde FSG-Chef Haberzettl seinem gewerkschaftsinternen Spitznamen "Wilder Willi" durchaus gerecht. "Wir sollten im Reformprozess schon ein gehöriges Stück weiter sein. Mit der Vida-Versammlung wollen wir jetzt Gas geben", erhöht Haberzettl deutlich den Druck auf den ÖGB.

Nicht das "Problem Bawag" habe im Übrigen den Veränderungsprozess ausgelöst, dieser sei "schon lange notwendig gewesen, nur ist halt nie etwas ernsthaft angegangen worden", ist Haberzettl überzeugt. Das Treffen der Betriebsräte - eine ähnliche Veranstaltung plant die Vida für heute, Freitag, in der Steiermark - sei ein "deutlicher Fingerzeig, in welche Richtung die Diskussion innerhalb des ÖGB mit den Mitgliedern gehen muss". Seines Wissens plane auch die GPA eine vergleichbare Veranstaltung. Für den Frühherbst seien vonseiten des ÖGB mehrere Konferenzen vorgesehen.

"Ich erwarte mir aber bereits für kommende Woche vom ÖGB eine konkrete Anzahl und Nennung der Reformprojekte sowie eine Zeitschiene", fordert Haberzettl. Das Ergebnis des Linzer Treffens sei als "Auftrag" zu sehen. Innerhalb von drei Wochen werde man den Teilnehmern ein schriftliches Feedback zukommen lassen. Vorsichtiger Optimismus herrschte auf jeden Fall unter den Anwesenden: "Wir müssen wieder gemeinsam arbeiten. Die Diskussionen müssen ein Ende haben, uns läuft doch die Zeit davon", blickt Betriebsrat Martin Bischof sorgenvoll in Richtung Nationalratswahl. Doch vorab gilt es, zu einigen und Optimismus zu verbreiten.

Reform ohne Foul

Haberzettl setzte an diesem Donnerstagvormittag sein Sonntagslächeln auf und suchte vor allem den persönlichen Kontakt. Wenn auch nicht immer mit Erfolg. Eine Gruppe junger Lehrlinge am Buffet reagierte leicht irritiert, als ihnen der FSG-Chef mit den Worten "Burschen, essts was, wir brauchen viel Kraft" auf die Schulter klopfte.

Gestaltet war die "formatierte Open-Space-Veranstaltung" (Haberzettl) in Linz aus aktuellem Anlass ähnlich einem Fußballspiel mit klaren Regeln. Vor dem "Anpfiff" gab es noch aufmunternde Worte von "Chef-Trainer" Haberzettl: "Ich danke euch, dass ihr das alles in den letzten Wochen ausgehalten habt, und wünsche mir ein Reform-Spiel mit möglichst wenigen Fouls." Mit dem Piff aus dem roten Gewerkschaftspfeiferl strömten dann die Teilnehmer an die Tische, um sich nach klaren Spielregeln - am Wort war zum Beispiel immer nur der, der gerade einen Ball in Händen hielt - ein 90-Minuten-Diskussions-Match zu liefern.

Neben offenen Gesprächen galt es vor allem, einen umfangreichen Fragenkatalog mit der klaren Deckblatt-Losung "Herzlich willkommen zum Wiederaufstieg" durchzuarbeiten. Heftigen Debatten und heiklen Themen stand der FSG-Boss bereits im Vorfeld der Veranstaltung gelassen entgegen. Er habe nichts gegen "unangenehme Dinge", er lebe "täglich damit". Die Einstiegsfragen "Wenn wir die Gewerkschaft neu erfinden würden, worauf aus der Vergangenheit könnten wir verzichten?" oder "Was stört dich an der jetzigen Situation am meisten?" dürften aber noch ziemlich locker zu beantworten gewesen sein.

Am Nachmittag traf sich die FSG-Spitze zu einer außerordentlichen Vorstandssitzung in Wien, um Haberzettl offiziell zum Vorsitzenden zu küren und ein gemeinsames Papier abzusegnen, in dem sich die FSG dazu bekennt, keine Spitzenfunktionäre mehr in den Nationalrat zu entsenden und die SPÖ in der Wahlkampagne voll zu unterstützen. (Markus Rohrhofer/DER STANDARD, Printausgabe, 7.7.2006)