Wien hat mehr zu bieten als Fiaker und Heurigen

Foto: Standard/Cremer
Kommunales Wi-Fi, von Gemeinden gesponsorte Netzzugänge auf Basis von Wireless-LAN-Technik, ist "le dernier cri", der letzte Schrei. "Wir werden schnell und entschlossen handeln, damit es dafür in Paris beste Bedingungen gibt", erklärte der Pariser Bürgermeister Betrand Delanoe vor wenigen Tagen bei der Vorstellung seines Plans.

Ende 2007

Bis Ende 2007 soll es in Paris in Parks, Plätzen, öffentlichen Gebäuden und Bibliotheken ein flächendeckendes Netz von 400 Hotspots _geben. Auf experimenteller Basis soll auch ein ganzer Bezirk mit Wi-Fi versorgt werden. Dies sei ein_„entscheidendes Werkzeug im internationalen Wettbewerb“, sagte Delanoe.

Paris folgt damit einem Trend, der sich in den USA_wie ein_Lauffeuer verbreitet. Erst vor Kurzem hat Delanoes Kollege Curt Pringle, Bürgermeister von Anaheim bei Los Angeles, das stadtweite Wi-Fi-Netz eröffnet. Auf 49 Quadratmeilen Fläche (79 Quadratkilometer) sollen 95 Prozent der Außen- und 90 Prozent der Innenflächen drahtlos Webzugang haben. Kosten:_22 Dollar (17 Euro) monatlich, für Disneylands 20 Millionen Besucher gibt es Kurzzeitangebote.

Gebühren

Größere US-Städte wie San Francisco, Portland oder Philadelphia errichten derzeit drahtlose Netze. In San Francisco soll Wi-Fi ein unentgeltliches kommunales Service sein. Andere Städte mischen Gratiszugang an öffentlichen Orten mit Gebühren für Haushalte und Firmen.

Kommunale Wi-Fi-Netze konkurrenzieren technisch wie kommerziell mit bestehenden Angeboten. In Europa dominiert die Handytechnik GSM und die nachfolgende „3. Generation“ (UMTS)_mit ihren Betreibern das drahtlose Angebot. In den USA_hingegen verbreitet sich Wi-Fi (Markenbezeichnung für den Funkstandard 802.11, auch Wireless LAN genannt) quasi von unten. Die meisten Notebooks, Smart Phones und Organizer sind dafür ausgestattet.

Zivile Militärtechnik

Wien ist anders: Hier gibt es zwar hunderte Hotspots, meist von Mobilfunkern gegen Gebühr betrieben, und eine wachsende Anzahl von Serviceangeboten wie das Gratisnetz im Museumsquartier.

"Guerillanetz"

Aber noch eine weitere Entwicklung hat sich in den beiden letzten Jahren verbreitet: Funkfeuer.at, eine Art privates "Guerillanetz". Funkfeuer hat eine Militärtechnik namens „Mesh Routing“ zivilisiert: Da bei ist jeder neue Empfangsknoten zugleich ein Sender, der sein Signal weiterreicht, erklärt Aaron Kaplan, (ehrenamtlicher)_Pressesprecher des Vereins Funkfeuer.

Ab 100 Euro

„Wir bauen ein Netz von unten auf, und wir versprechen auch nicht Service, sondern Nutzen, wenn man sich einbringt“, erklärt Kaplan._Wer Interesse hat, montiert (meist auf dem Dach) eine zum Empfang geeignete Antenne und einen Router (Verteiler) zu seiner Wohnung, oder auch für das ganze Haus. Die Antenne reicht gleichzeitig das Signal weiter. Kosten: Rund 100 Euro für Hardware und Zeit zum Basteln; den Internetanschluss selbst spendiert der Verein, der eine starke Glasfaseranbindung ans Netz beim Wiener Landesgericht hat. Auf dieser Basis sei bereits der größte Teil Wiens abgedeckt, sagt Kaplan, sowie weitere_Regionen – Graz, Klosterneuburg, Bad Ischl, Weinviertel.(Helmut Spudich, Der STANDARD Printausgabe, 7. Juli 2006)