Berlin - Die Auftragsbücher der deutschen Industrie waren im Mai allein wegen der geringeren Nachfrage aus dem Ausland dünner als im Vormonat. Die Inlands-Bestellungen vor allem von Investitionsgütern legten dagegen kräftig zu.

Insgesamt verbuchten die Industriefirmen 1,2 Prozent weniger Bestellungen, wie das deutsche Wirtschaftsministerium am Donnerstag mitteilte. Während die Auslandsnachfrage um 4,2 Prozent zurück ging, wurden von der heimischen Wirtschaft 1,9 Prozent mehr Güter bestellt. Dabei habe es leicht überdurchschnittlich viele Großaufträge gegeben, berichtete das Ministerium. Experten werteten trotz der negativen Gesamtzahl die wachsende Nachfrage aus dem Inland als gutes Zeichen für die Konjunktur.

Nur die Konsumgüterproduzenten konnten mit 1,6 Prozent ein Auftrags-Plus verbuchen, während Investitionsgüterproduzenten ein Minus von 2,6 Prozent verkraften mussten. Es wurden auch 0,3 Prozent weniger Vorleistungsgüter nachgefragt. Befragte Analysten hatten insgesamt mit einem Orderplus von 0,1 Prozent gerechnet .

Auffallend war, dass die Inlandsnachfrage anders als die aus dem Ausland in allen drei erfassten Gütergruppen anzog. Vor allem die für die weitere Konjunktur zentralen Investitionsgüter wurden stärker nachgefragt: Die Inlandsbestellungen stiegen um 3,3 Prozent, während die Auslandsorders hier um 6,5 Prozent sanken.

Weiterhin Aufwärtstrend

Das Ministerium sieht den Trend bei den Industrieaufträgen weiter aufwärts gerichtet. "Dabei haben sich die Schubkräfte der Bestelltätigkeit in den vergangenen Monaten etwas vom Ausland auf das Inland verlagert." Im Vergleich der Monate April und Mai mit den beiden Vormonaten legten die Industrieaufträge um 1,2 Prozent zu. Der Auftragseingang ist neben der Produktion der wichtigste realwirtschaftliche Konjunkturindikator, wegen Großaufträgen kann er jedoch von Monat zu Monat stark schwanken.

Auch Fabienne Riefer von der Postbank unterstrich: "Der Trend bleibt nach oben gerichtet." Die gute Entwicklung bei der Konsumgüterindustrie weise daraufhin hin, dass der private Konsum in Deutschland im zweiten Quartal deutlich gewachsen sei: "Momentan haben wir noch einen Schub durch die Fußball-WM, aber es gibt Hoffnung, dass die Binnennachfrage angezogen ist - auch ohne Fußball-WM. Die Wachstumsbasis hat sich hier verbreitert."

Bernd Weidensteiner von der DZ Bank relativierte das Minus bei den Auslandsaufträgen: "Die Zuwachsraten waren extrem in den vergangenen Quartalen, da war irgendwann eine Beruhigung unvermeidlich." Ulrike Kastens von Sal. Oppenheim zeigte sich überzeugt, dass die Industrie auch in den kommenden Monaten positive Impulse aus dem Ausland bekommen werde: "Die Weltkonjunktur läuft sehr rund." Wichtig sei vor allem, dass der Aufschwung mit der Binnennachfrage ein zweites Standbein bekomme, und zwar insbesondere bei den Ausrüstungsinvestitionen. (APA/Reuters)