5.000 Neurologen wollen beim Kongress in Wien das Denken begreifen.

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Wien - Der "komplexe Kosmos" im Kopf steht im Mittelpunkt eines Neurowissenschafts-Kongresses ab Samstag in Wien. Bis Mittwoch wollen 5.000 Teilnehmer aus 76 Nationen bei 3.500 Vorträgen und 56 Symposien im Austria Center dem Denken auf die Spur kommen. Lokalisierung von Gefühlen, Regeneration des Gehirns und Mensch-Maschine Interaktion sind die "Hot-Spots" beim "5. Forum der Föderation der europäischen neurowissenschaftlichen Gesellschaften (FENS)", wie Mediziner am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Wien ankündigten.

Lernprozess und das Gedächtnis

"Alles, was der Mensch macht, hängt mit dem Nervensystem zusammen", beschrieb Friedrich G. Barth, Wiener Neurobiologe und Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Neurowissenschaften, das umfangreiche Forschungsgebiet. Bei dem Kongress kommen daher unterschiedlichste Themen auf Tableau. Diskutiert werden soll etwa darüber wie sich das Gehirn entwickelt und formt sowie der Lernprozess und das Gedächtnis. Da der Mensch immer älter werde und Krankheiten wie Demenz und Alzheimer zunehmen, gewinne auch die Erforschung des "Wiederanschaltens des Gehirns" an Bedeutung, wie Klaus-Peter Hoffmann, Neurobiologe aus Bochum, betonte.

"Hardware-Spezialisten" treffen auf "Software-Experten"

Mit Gedankenkraft Roboterarme zu bedienen, sei dank modernster Forschung schon möglich, sagte der Wissenschafter. Intentionen im Gehirn könne man etwa mit einem EEG (Elektroenzephalogramm) ablesen. Aber auch Implantate im Kopf sind in der Lage, über einen "Stecker auf der Schädeloberfläche" Kontakt zu Computern aufzunehmen und Maschinen mit der Kraft des Geistes zu steuern, erklärte Hoffmann.

Einzigartig sei dieser Kongress, da er "Hardware-Spezialisten" (Neurologen) und "Software-Experten" (Psychologen) an einen Tisch bringt, sagte der Wiener Psychoanalytiker August Ruhs. "Die Neurowissenschaften sind geeignet dazu, Brücken zu bauen zwischen den Natur- und Geisteswissenschaften", meinte Barth. In vielen Fällen könne beispielsweise die Biologie Lösungen für Techniker aufzeigen. An den Diskussionen nehmen daher Biochemiker, Mediziner, Psychologen, Pharmakologen, Sprach- und Verhaltensforscher genauso teil wie Philosophen und Informatiker.

Weiters am Programm

Auch die Kultur könne dazu beitragen, das Gehirn zu verstehen. Ein Filmabend, eine Vernissage mit Lichtinstallationen und ein Konzert sollen einen "anderen Zugang zur Wissenschaft" bieten, sagte Sigismund Huck vom Wiener Zentrum für Hirnforschung. Am 7. und 8. Juli steht das Rahmenprogramm im Zeichen des Sigmund Freud-Jahres: Bei dem Symposium "Liebe & Hass" werden Herausforderungen für die moderne Neurobiologie diskutiert. (APA)