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Gelegt oder über den Tisch gezogen fühlen sich die Slowenenvertreter Marjan Sturm und Bernard Sadovnik (im Bild mit Rudi Vouk), sollte die Öffnungs­klausel nicht noch verändert werden.

APA/Gert Eggenberger
Wien – In seltener Einigkeit lehnen die drei Kärntner Slowenenorganisationen die so genannte Öffnungsklausel in der Topografieverordnung ab. Der konservative Rat der Kärntner Slowenen wird dem Volksgruppengesetz nicht zustimmen, sollte diese nicht geändert werden, versicherte sein stellvertretender Obmann Rudi Vouk dem STANDARD. Auch der linksgerichtete Zentralverband lehnt nach anfänglicher Zustimmung die Klausel ab und macht seine Ja von einer Änderung abhängig, ebenso die Gemeinschaft der Slowenen.

Einhelliger Tenor der letzten beiden: Im ursprünglichen Entwurf war von einem Vetorecht des Landes und der Gemeinden, das jede weitere Aufstellung zweisprachiger Ortstafeln auch bei einer Anzahl von mehr als zehn Prozent Slowenischsprachiger pro Gemeinde verhindert, keine Rede gewesen.

"Ein für allemal verfassungsmäßig zementiert"

"Was das bedeutet, liegt auf der Hand", sagt Vouk. "Damit wird die Lösung mit insgesamt 141 Ortstafeln ein für alle Mal verfassungsmäßig zementiert. Denn dass Land oder Gemeinden auch nur einer weiteren zweisprachigen Ortstafel zustimmen, auch wenn sie berechtigt gefordert wird, glaubt wohl niemand. Das ist in Wahrheit eine Absicherung, dass es auch nach 2010 nicht mehr als die jetzt beschlossenen Ortstafeln geben darf, und das hat weder mit den Staatsvertrag etwas zu tun noch mit den Erkenntnissen des Verfassungsgerichtes."

Außerdem stört Vouk, dass künftig Ortschaften, die bei der Volkszählung 2001 nicht mehr als zehn Prozent slowenischer Bevölkerung hatten, keinen Antrag auf zweisprachige Ortstafeln stellen dürfen: "Also selbst der theoretische Fall, dass irgendwann eine deutschsprachige Mehrheit die Ortstafeln will, wird verhindert und damit einer möglicherweise minderheitenfreudlicheren Regierung jede Änderungsmöglichkeit genommen." Vouk wirft Bundes- und Landesregierung vor, "die Angelegenheit mit Brachialgewalt beenden" zu wollen und kündigt weitere Klagen beim VfGH, dem Europäischen Gerichtshof und notfalls die Anrufung der UNO an. Zunächst aber hofft er noch, "dass die SPÖ einer solchen Regelung nicht zustimmt".

Sturm: Widerpricht Vereinbarung mit der Regierung

Auch für Marjan Sturm, Vorsitzender im Volksgruppenbeirat und Chef des Zentralverbands der Kärntner Slowenen, entspricht der Entwurf für das neue Volksgruppengesetz in mehreren Punkten nicht der Vereinbarung mit der Regierung. Das darin nun vorgesehene Veto-Recht für die Landesregierung sei inakzeptabel, so Sturm, der warnte: "Daran könnte das ganze scheitern."

Zum Hintergrund: Bis Ende 2009 sollen in Kärnten insgesamt 141 zweisprachige Ortstafeln stehen. Danach soll die "Öffnungsklausel" in Kraft treten, mit der einzelne Ortschaften im zweisprachigen Gebiet Kärntens die Errichtung weiterer deutsch-slowenischer Hinweisschilder beantragen können. Laut Sturm war mit der Regierung folgende Regelung vereinbart: Aufgestellt werden die Schilder, wenn zehn Prozent der Bevölkerung einer Ortschaft dies via Petition an die Bundesregierung beantragen.

Zusätzliche Hürden

Im Entwurf für das neue Volksgruppengesetz wurden jedoch zusätzliche Hürden eingebaut: Erstens müssen nicht nur zehn Prozent der Bevölkerung die Ortstafel beantragen, sondern der Ort muss auch zehn Prozent slowenischsprachiger Bevölkerung aufweisen. "Damit könnte ich leben", meint Sturm. Inakzeptabel ist für ihn jedoch die zweite Ergänzung: Trotz Petition wäre die Regierung nur verpflichtet die Ortstafeln aufzustellen, wenn auch die Gemeinde und die Landesregierung dies befürworten - andernfalls wäre die Aufstellung eine Kann-Bestimmung (ein einziger Minister könnte die Aufstellung also im Ministerrat blockieren).

Für Sturm entscheidet damit erst recht wieder die Mehrheit über Minderheitenrechte. Als "gelernter Kärntner" könne er einer Öffnungsklausel, die eine bloße Kann-Bestimmung ist, nicht zustimmen. "Auf das kann ich nicht eingehen. Das ist rechtspolitisch nicht akzeptabel und zweitens widerspricht das dem, was wir ausgemacht haben. Ein Petitionsrecht gibt's seit 1867, das kann's ja nicht sein", zeigt sich der Slowenen-Vertreter empört.

"Nicht akzeptabel"

Nicht vereinbart wurde übrigens laut Sturm auch, dass nur Ortschaften mit zumindest 30 Einwohnern zweisprachige Schilder bekommen sollen. "Ich halte das nicht für angebracht", so Sturm. "Nicht akzeptabel" ist für ihn weiters, dass zweisprachige Aufschriften auf Amtsgebäuden und Schulen laut dem Regierungsentwurf wieder entfernt werden könnten. Außerdem sollen topographische Hinweisschilder nur in der betreffenden Gemeinde angebracht werden, nicht aber beispielsweise auf Autobahn-Abfahrten außerhalb der Gemeinde.

Über diese "Feinabstimmungen" werde man jetzt noch diskutieren müssen, so Sturm. Das Problem sei aber, dass man bis jetzt keine schriftliche Vereinbarung erhalten habe. Ob er sich "gelegt" fühlt? Sturm: "Ich will das jetzt nicht so drastisch formulieren, weil ich noch im Gespräch bin mit Bundeskanzler Schüssel und Klubobmann Molterer. Aber wenn das nicht geändert wird, dann würde ich mich sehr gelegt fühlen."

Auch Gemeinschaft der Kärntner Slowenen für andere Öffnungsklausel

Ebenso wie der Zentralverband fordert auch die Gemeinschaft der Kärntner Slowenen Änderungen an der so genannten "Öffnungsklausel" der geplanten neuen Ortstafelregelung. Gemeinschafts-Obmann Bernard Sadovnik verweist auf die Ende Juni mit der Regierung vereinbarte Lösung: "Da war keine Rede davon, dass es ein Veto-Recht (für das Land und die Gemeinden, Anm.) gibt, sondern dass zehn Prozent das beantragen und die Bundesregierung das de facto beschließt."

Abgelehnt wird von Sadovnik auch, dass nur Ortschaften mit mehr als 30 Einwohnern zweisprachige Ortstafeln erhalten sollen und dass zweisprachige Bezeichnungen z.B. auf Schulen und Amtsgebäuden laut dem Regierungs-Entwurf wieder abgenommen werden könnten. Gemeinschaft und Zentralverband seien in dieser Frage einer Meinung: "Beide Organisationen haben sich sehr weit hinausgelehnt, jetzt muss man einfach verlangen, dass das in Feinabstimmungen umgesetzt wird. Sonst muss ich sagen, man hat uns über den Tisch gezogen."

Plädoyer für "möglichst breite Mehrheit"

Die ÖVP habe schon entsprechende Gespräche zugesagt, berichtet Sadovnik. Er plädiert für eine "möglichst breite Mehrheit" im Parlament - also auch für die Einbeziehung der Grünen. Außerdem würde Sadovnik nach Vorliegen eines abgestimmten Gesetzesentwurfes auch den Rat der Kärntner Slowenen mit einbeziehen, der eine Regelung der Ortstafelfrage per Verfassungsgesetz bisher abgelehnt hat.

Geändert werden müsste laut Sadovnik übrigens auch die geplante Neuregelung der Zusammensetzung des Volksgruppenbeirates. Dieser soll künftig nämlich auch für Personen geöffnet werden, die nicht der Volksgruppe angehören. Dies sei in Ordnung, allerdings müsse man dabei auch festlegen, dass sich die Mitglieder des Beirates für die Interessen der Volksgruppen einsetzen müssen, "damit da nicht ein Herr Schretter (Obmann des Kärntner Abwehrkämpferbundes, Anm.) hineinkommt". (Samo Kobenter/DER STANDARD, Printausgabe, 7.7.2006/APA, red)