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Eiserner Wille, eigener Weg. Davon ist Jürgen Klinsmanns Karriere geprägt.

Photo by Alexander Hassenstein/Bongarts/Getty Images
Ein Weltmeister-Titel ist Jürgen Klinsmann auf jeden Fall sicher: Der Trainer der deutschen Nationalelf konnte während der WM seinen Marktwert steigern wie kaum ein anderer. Was war der dauerlächelnde schwäbische Sunnyboy in den vergangenen zwei Jahren gescholten worden! Und nun liegt ihm Deutschland zu Füßen, weil er und sein Team dem Land gezeigt haben, dass man doch etwas zustande bringen kann - auch wenn die Lage völlig aussichtslos erscheint.

Auch in Stuttgart-Botnang werden sie den Aufschwung in der Bäckerei Klinsmann noch mehr spüren. Im elterlichen Betrieb, wo noch Bruder und Mutter arbeiten, wo die Fans auch alte Semmeln kaufen würden, um nur ein Sackerl mit der Aufschrift "Klinsmann"zu bekommen - dort begann die Karriere des heute 41-Jährigen, die zweierlei prägt: eiserner Wille, eigener Weg.

VfB Stuttgart, Inter Mailand, AS Monaco, Tottenham Hotspurs, FC Bayern München, Sampdoria Genua, Orange County Blue Stars waren die Stationen seiner Laufbahn zwischen 1989 und 2003. Weltmeister 1990 war er, UEFA-Pokalsieger 1991, Europameister und Deutscher Meister 1996. 2004 kümmerte er sich nur noch um seine Sportmanagementfirma in den USA, und daran hätte sich vielleicht auch nichts geändert, wenn die deutsche Elf nicht bei der EM in Portugal so blamabel früh ausgeschieden und Trainer Rudi Völler zurückgetreten wäre.

Keiner wollte damals die deutschen "Rumpelfußballer"trainieren, nicht Otto Rehhagel, auch nicht Ottmar Hitzfeld. Erst in Huntington Beach in Kalifornien wurde der Fußballbund fündig. "Das Amt angeboten zu bekommen war eine große Ehre für mich. Mein persönliches Glück hing nicht davon ab", sagte Klinsmann später, als man im DFB schon von seiner "Schreckensherrschaft"sprach.

"Klinsi", verheiratet mit einer Amerikanerin und Vater zweier Kinder, weigerte sich, den Wohnsitz in den USA aufzugeben, ließ die Spieler mit grünen Gummibändern und Medizinbällen trainieren, kickte Torwarttrainer Sepp Maier raus, ebenso Manager Bernd Pfaff, und sprach dabei immer lächelnd vom "Teamspirit", vom Spaß am offensiven Fußball und vom Ziel, 2006 Weltmeister zu werden.

Konträr zum Optimismus des Trainers waren allerdings die Leistungen der National-elf, also musste Klinsmann viel Häme ertragen. Sogar das Magazin Rolling Stoneätzte über sein "Neu- und Dummsprech der New Economy"und den "grienenden Sekten- Optimismus eines Motivations-Scharlatans". Und als selbst Franz Beckenbauer zürnte, sah sich sogar Kanzlerin Angela Merkel zum Einschreiten genötigt. Sie stärkte Klinsmann öffentlich den Rücken. Derlei Unterstützung hat er heute nicht mehr nötig. (Birgit Baumann, DER STANDARD Printausgabe 05.07.2006)