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Für WTO-Chef Pascal Lamy fehlte nicht viel zu einer Einigung,...

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...für US-Verhandlerin Susan Schwab dagegen erheblich mehr,...

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...während EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel eine Annäherung vonseiten der USA vermisste.

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Am Samstag musste der Generaldirektor der WTO, Pascal Lamy, ein Sondertreffen der Organisation abbrechen. Die 149 WTO-Mitglieder hatten es wieder nicht geschafft, ihre Differenzen über die weitere Liberalisierung der Weltmärkte zu überbrücken.

Der Streit dreht sich vor allem um die Agrarhilfen der reichen Länder. Die 2001 gestartete Welthandelsrunde, die schon 2004 abgeschlossen sein sollte, droht ergebnislos zu versanden. "Es gibt eine Krise, aber keine Panik", sagte WTO-Chef Lamy. Er glaubt jedoch noch an einen Erfolg: "Die Wahrnehmung ist, dass es machbar ist", sagte der Franzose.

Die WTO-Mitglieder beauftragten Lamy, in den nächsten Wochen eine Lösung der Krise zu finden. Zunächst solle er die wichtigsten Akteure, die so genannten G-6 (Australien, Brasilien, Indien, Japan, EU und USA), zusammenbringen.

"Keinerlei Fortschritte"

Es habe keinerlei Fortschritte gegeben, sagte der indische Handelsminister Kamal Nath. Nath sprach von einer "Krise" und sagte, es werde kein weiteres G-6-Treffen geben.

Ende Juli soll ein Rahmenabkommen über die weitere Liberalisierung der internationalen Märkte stehen. In der Vereinbarung stünde konkret, wie weit die WTO-Mitglieder die Agrar-, Industrie- und Dienstleistungsmärkte öffnen müssen.

Die WTO verspricht sich von einem freieren Warenaustausch einen enormen Schub für die Weltwirtschaft. Diplomaten bezweifeln jedoch, dass die WTO-Mitglieder in dieser kurzen Zeitspanne alle Probleme lösen können. Zumal der seit Jahren anhaltende Konflikt um die milliardenschweren Subventionen der reichen Länder für ihre Bauern die Agenda dominiert.

Die großen Entwicklungsländer, die sich zur G-20 zusammengeschlossen haben, sind erst dann bereit, ihre Märkte für Industriegüter weiter zu öffnen, wenn die Reichen ihre Agrarhilfen resolut kappen. Die USA und die EU betonen jedoch, dass sie schon großzügige Angebote zur Kürzung vorgelegt hätten.

"Keine Bereitschaft der USA"

EU-Handelskommissar Peter Mandelson deutete zwar an, dass es im Agrarbereich zu einer gewissen Bewegung mit der G-20 unter Führung Brasiliens und Indiens gekommen sei. Die USA hätten jedoch keine Bereitschaft zu weiteren Zugeständnissen gezeigt, sagte Mandelson. Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel betonte, dass die EU bereits zu Zugeständnissen bereit gewesen sei. "Es ist fünf vor zwölf", warnte der EU-Handelskommissar. Falls die Mitgliedsländer der Welthandelsorganisation in den nächsten zwei Wochen keine Wende schafften, werde es in diesem Sommer keinen Durchbruch geben, "und dann werden wir eine Niederlage erleben". Auch der Schweizer Wirtschaftsminister Joseph Deiss gab vor allem den USA die Schuld am Scheitern der Beratungen. "Die USA haben sich kein Jota bewegt."

Die WTO-Beauftragte der US-Regierung, Susan Schwab, wandte sich gegen Befürchtungen, die Handelsgespräche seien am Scheitern. "Auch wenn wir eindeutig so was wie eine Sackgasse erreicht haben, heißt das, das die Runde tot ist? Die Antwort lautet: Nein, das denken wir nicht", sagte Schwab.

259 Milliarden Gewinn

Experten der Weltbank prognostizierten, dass ein freier Welthandel den Entwicklungsländern wirtschaftliche Gewinne in Höhe von 259 Milliarden US-Dollar jährlich bescheren würde. Doch Entwicklungsorganisationen wie "Focus on the Global South"wollen von diesen Voraussagen nichts mehr wissen. Ein neuer Welthandelsvertrag zu den Bedingungen der USA und der EU mache die ärmsten Staaten noch ärmer, besonders in Afrika. "Es ist an der Zeit, dass die Entwicklungsländer sich aus den WTO-Gesprächen zurückziehen", fordert die Organisation.

Rund drei Viertel der 149 WTO-Mitglieder sind Entwicklungsländer. Bei der 2001 in Doha gestarteten Handelsrunde sollten eigentlich die Interessen der Entwicklungsländer im Mittelpunkt der Verhandlungen stehen. Dabei geht es darum, dass Industriestaaten Entwicklungsländern den Verkauf von Agrarproduktenerleichtern und im Gegenzug bessere Konditionen für den Export von Industrieprodukten erhalten. (Jan Dirk Herbermann aus Genf, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 3.7.2006)