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Ex-AMS-Chef Herbert Böhm ist neuer Vorstand im Zeitarbeitsunternehmen Trenkwalder. Er sieht die Branche expandieren, will Trenkwalder an die Wiener Börse führen, sagt er zu Karin Bauer.

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STANDARD: Sie haben die Zeitarbeitsfirmen als Partner des Arbeitsmarktservice aufgebaut. Trenkwalder ist mit heuer rund 6000 vermittelten Jobs größter Kunde. Wie ausbaufähig ist denn dieses Geschäft?

Böhm: Derzeit sind in Österreich etwa 1,6 Prozent der unselbstständig Beschäftigten – fast 47.000 Menschen – in der Zeitarbeit. Bis 2010 können wir die Fünf-Prozent-Marke erreichen, in zehn Jahren rechne ich mit zehn Prozent. In der Dienstleistung, etwa im Fremdenverkehr, liegt Potenzial. Aber wir begleiten die Unternehmen auch bei ihrer Internationalisierung. Trenkwalder hat 200 Standorte und fast 42.000 Mitarbeiter in ganz Europa. Wir schrecken auch vor China nicht zurück. Zeitarbeit ist die am stärksten wachsende Branche.

STANDARD: Sie haben immer von der „Renaissance des Menschen“ als Credo gesprochen. Wie passt das zur Zeitarbeit?

Böhm: Betriebe müssen sich der Flexibilisierung stellen, da führt kein Weg vorbei. Wertschöpfung erzeugt Wertschätzung. In der Persönlichkeit des Richard Trenkwalder (Gründer, Vorstandschef, Anm.) liegt ein hohes Maß an sozialer Verantwortung.

STANDARD: Der Umsatz soll von 400 auf heuer 540 Millionen Euro wachsen. Ein Börsengang steht auf Plan. Als Exbanker sind Sie in gutem Kontakt mit dem kürzlich ausgeschiedenen Börsenvorstand Stefan Zapotocky. Ist Wien als Börsenplatz vor gesehen?

Böhm: Trenkwalder will 2007 an die Börse – und Sie können sicher sein, dass ich mich für Wien einsetze.

STANDARD: Womit starten Sie?

Böhm: Ich kümmere mich um den Aufbau der Zusammenarbeit mit den europäischen Arbeitsmarkt-Agenturen und ich glaube, dass wir ein sehr weites Gebiet in der Entwicklung des Beratungsportfolios in Richtung Executive Search und Managementberatung haben. Ziel ist, mit unserer europäischen Aufstellung alles im Human Resources-Bereich aus einer Hand anzubieten.

STANDARD: Wie vertragen Sie sich denn mit Ihrem Nachfolger im Arbeitsmarktservice, mit Johannes Kopf?

Böhm: Ich habe am Freitag bei der Aufsichtsratssitzung meine Unterstützung angeboten. Er hat das gerührt aufgenommen. Das AMS ist ja auch in einer schwierigen Phase – es geht nicht nur darum, gute Ziffern abzuliefern. Das ist ein 4500-Mitarbeiter-Unternehmen, da steht einiges an. Etwa die Ausschreibung des größten IT-Projektes der Republik.

STANDARD: Apropos Zahlen: Die Wirtschaftsforscher erwarten auch abseits der in Schulung befindlichen Jobsuchenden Erfreuliches für die Arbeitsmarktdaten vom Juni.

Böhm: Wir sehen einen Rückgang der Arbeitslosigkeit von über sieben Prozent, das sind 15.000 Arbeitslose weniger als vor einem Jahr. Bei der Jugendarbeitslosigkeit sehen wir eine Verbesserung um zehn Prozent. Die Rückgänge zeigen sich in allen Bundesländern. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 3.7.2006)