Paris/Wien - Der bei Paris lebende österreichische Autor Peter Handke glaubt, dass das UNO-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag den Tod des jugoslawischen Ex-Präsidenten Slobodan Milosevic "billigend in Kauf genommen" hat. Das sei eine "ewige Schande" für das UNO-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag. "Man hat ihn einfach krank werden und immer kranker werden lassen. Man hat - wie das im Strafgesetzbuch steht - seinen Tod billigend in Kauf genommen", sagte Handke in einem Gespräch mit dem Fernsehsender 3sat, das am Samstagabend (19.05 Uhr) in der Sendung "Kulturzeit" ausgestrahlt werden soll, laut Homepage.

Milosevic verstarb im März, bevor der Prozess gegen ihn vor dem Haager UNO-Kriegsverbrechertribunal für Ex-Jugoslawien beendet werden konnte. Der Schriftsteller reiste zur Beisetzung von Milosevic nach Belgrad, was ihm heftige Kritik eintrug. Als Handke kürzlich der mit 50.000 Euro dotierte "Heinrich-Heine-Preis" der Stadt Düsseldorf verliehen werden sollte, kam es zum Eklat, weil sich im Stadtrat eine Mehrheit gegen die Jury-Entscheidung abzeichnete. Handke verzichtete daraufhin auf den Preis.

Vom Spielplan genommen

Zuvor hatte bereits der Direktor der Comédie Francaise Handkes Stück "Das Spiel vom Fragen oder Die Reise ins sonore Land" aus dem Jahr 1989, das 2007 an der Comédie Francaise gespielt werden sollte, vom Spielplan genommen, nachdem er, so Handke, einen Bericht in einer Wochenzeitung gelesen habe, der "voll von Lügen war. Ich hätte am Grab von Slobodan Milosevic - ich war ja wirklich da, das stimmt - ich hätte die serbische Fahne geschwenkt, ich hätte eine rote Rose auf den Leichenwagen gelegt, ich hätte alle Massaker während des Krieges gebilligt und sogar gut gefunden - auch das Massaker von Srebrenica."

Auf die Frage, ob er später mit dem Direktor gesprochen hätte, meint Handke, "Nein, das kommt nicht in Frage." In früheren Interviews hatte Handke das Srebrenica-Massaker als "scheußlich" und als "größtes Töten seit dem Zweiten Weltkrieg" bezeichnet. Er hatte aber auch behauptet, dass Milosevic von dem Massaker keine Kenntnis hatte.

Montenegro

Bedenklich äußert sich Handke über eine Unabhängigkeit Montenegros und des Kosovo. "Dass 55 Prozent darüber abstimmen können, gegen 45 Prozent andere, die gegen die Unabhängigkeit sind, ist eine fragwürdige Sache", meinte Handke zum Referendum von Montenegro. Ein Staat der Albaner im Kosovo sollte "noch nicht jetzt" gegründet werden, glaubt Handke. "Denn wie stellt man sich vor, einen Staat zu gründen, in dem ein Volk lebt wie das der Serben im Kosovo, das völlig eingekreist und eingekesselt ist und gehasst wird von den zwei Millionen, die das Staatsvolk bilden sollten", so Handke. "Es gibt vielleicht 100.000 Menschen, die im Land - Kosovo ist ja immer noch Serbien - gefangen sind. Und das ist ein Skandal, wie ihn die Welt selten erlebt hat." (APA)