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Hermes Phettberg möchte gerne wissen, ob Mozart an Depressionen litt.


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Wirft man einen Blick auf die letzten Lebensjahre Mozarts, kann die Antwort auf diese Frage nur "Ja" lauten.

Begonnen hat Mozarts seelischer Absturz im Sommer 1789, als er zu seinem Schrecken feststellen musste, dass sein Stern in Wien endgültig im Sinken begriffen war. An seinen Freimaurer-Bruder Johann Michael Puchberg schrieb er in dieser Situation: "mein Schicksal ist leider, aber nur in Wien, mir so widrig, daß ich auch nichts verdienen kann, wenn ich auch will." Die Hervorhebung stammt von Mozart.

Der Grund für Mozarts Lamento über seine "unglückseelige, höchst traurige Laage": Auf der Subskriptionsliste für ein geplantes Konzert fand sich nur noch ein einziger Name, nämlich der seines Freundes Gottfried van Swieten. Dass das Konzert unter diesen widrigen Umständen nicht zustande kam, versteht sich von selbst. Der wohlhabende Großhändler Puchberg sollte noch viele Briefe Mozarts erhalten, in denen dieser immer wieder auf seine dramatischen Lebensumstände - "krank und voll kummer und Sorge" - zu sprechen kam. Nach seinem missglückten Aufenthalt in Frankfurt, wohin er im Herbst 1790 anlässlich der Krönung Leopolds II. gereist war, verstärkten sich Mozarts Depressionen. Auf seiner Rückreise fasste er in einem Brief an seine Frau Constanze seinen Seelenzustand mit den Worten zusammen: "wenn die leute in mein herz sehen könnten, so müsste ich mich fast schämen. - es ist alles kalt für mich - eiskalt."

Mozarts zunehmende Vereinsamung in seinem letzten Lebensjahr zeigt sich auch in seiner panischen Angst vor dem Alleinsein. Die Briefe, die er in dieser Zeit an Constanze nach Baden schrieb, sind ein beredtes Zeugnis für seine damalige Gemütsverfassung. "Für mich ist es gar nicht gut alleine zu seyn", heißt es am 12. Juni 1791, und drei Wochen später resümiert er: "ich kann Dir meine Empfindung nicht erklären, es ist eine gewisse Leere - die mir halt wehe thut, - ein gewisses Sehnen, welches nie befriediget wird, folglich nie aufhört - immer fortdauert, ja von Tag zu Tag wächst."

Wie Leporello in Don Giovanni gingen also auch Mozart "mille torbidi pensieri" - "tausend trübe Gedanken" - durch den Kopf. (ALBUM/DER STANDARD, Printausgabe, 24./25.6.2006)