Die Ergebnisse der
Forschung für Künstliche Intelligenz (KI) sind nicht immer leicht als
solche zu erkennen. "Wenn Künstliche Intelligenz schließlich
funktioniert, dann wird es nicht mehr KI genannt, sondern Informatik,
weil wir es dann verstehen", fasst Wilfried Brauer, Professor an der
Technischen Universität München, ein Paradoxon des
Forschungsgebietes zusammen. Heute begegnen uns überall Systeme, in denen
KI steckt: Schrifterkennung im Taschencomputer, telefonische
Reservierungssysteme für Kino- und Bahntickets, virtuelle Gegner bei
PC-Spielen, Roboter, die Rasen mähen oder Fassaden. Für ein Lebewesen
zeige sich Intelligenz darin, wie gut es sich in einer unbekannten Umwelt
zurechtfinde, wie es auf unerwartete Situationen reagiere, beschreibt
Professor Hans-Dieter Burkhard, Projektleiter an der Berliner
Humboldt-Universität, das
Forschungsfeld. "Fußball ist in gewisser Weise so eine unbekannte Umwelt,
da man nie genau weiß, was der Gegner als nächstes macht." Das Fernziel
der Wissenschaftler ist es, Roboter zu erschaffen, die mit Menschen
zusammen handeln können. Man denkt gar nicht an eine Maschine, die ein
Problem besser lösen soll, sondern modelliert in der Maschine Verfahren,
die für Menschen typisch sind, wenn sie Probleme lösen. "Technologien,
die sich im Versuchsfeld Fußball bewähren, haben gute Aussichten, auch in
anderen Einsatzfeldern wie Haushalt, Büro, Fabrik oder auf anderen
Planeten eine gute Figur zu machen", sagt Ubbo Visser, Chef des
Organisationskomitees der Robo-Cup-WM am Informatik-Zentrum Bremen.
"Die derzeitigen seriellen Computer
sind an Grenzen gestoßen"
Für Professor Wolfgang Wahlster steht der Begriff der "Usability"
(Brauchbarkeit, Verwendbarkeit) im Fokus der KI-Forschung. "Wir kommen in
der Informationstechnik bei Massenanwendungen nicht weiter, wenn wir
nicht den Menschen in den Mittelpunkt der künftigen IT stellen. Im PC-
und Notebook-Markt erreichen wir eine Sättigung, bleiben wir bei der
konventionellen Windows-, Maus-, Tastaturbedienung." Damit bestätigt er
auch eine Einschätzung von David Waltz vom NEC Research Institute in
Princeton. "Die derzeitigen seriellen Computer
sind an Grenzen gestoßen, jenseits derer ihre Schnelligkeit nicht mehr im
Rahmen angemessener Kosten gesteigert werden kann." Wie also geht es
weiter? In Japan, so Wahlster, spreche man bereits vom
One-Button-Computer: "Ein und aus, alles andere geschieht über Sprache,
Mimik und Gestik, für die man kein Handbuch studieren muss." Wahlster
leitet das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz
(DFKI) in Saarbrücken und ist Schirmherr sowie
Jury-Vorsitzender der Bonner Voice Days, die im
Oktober zum dritten Mal stattfinden.
"Roboter, die uns in tiefsinnige Gespräche verwickeln, sind noch
Science-Fiction", erläutert Professor Michael Kohlhase von der
International University Bremen. "Es ist heute
schon abzusehen, dass in den nächsten Jahren Sprachdialogsysteme
beispielsweise im Auto, bei der intuitiven Bedienung intelligenter
Haustechnik und beim mobilen Internet-Zugriff als eingebettete
Softwaresysteme immer stärker auch in den Massenmarkt eindringen", sagt
Wahlster und unterstreicht den Usability-Ansatz seiner KI-Betrachtung.
Ständig gebe es neue sprachdialogbasierte Informationsangebote. Der
Computer, die Maschine müsse im Kommunikationsverhalten dem Menschen
entgegen kommen, ist Wahlster überzeugt. Die Benutzermodellierung und die
Personalisierung von Softwaresystemen werde in den nächsten Jahren eine
Schlüsselrolle spielen.
Das Ziel aus den Anfangstagen der Disziplin vor 50 Jahren, künstliche
Intelligenzen im Rechner zu erschaffen, ist heute konkreten
anwendungsorientierten Fragestellungen gewichen: KI-Systeme sollen mit
menschenfreundlichen Dienstleistungen den Alltag unterstützen. Gerade
einmal zwei Wörter benötigt Professor Aaron Sloman von der University of
Birmingham, um dies zu umschreiben. Er nennt es
schlicht "Produktive Bequemlichkeit". Aus Sicht von David Waltz können
intelligente Maschinen nur dann entstehen, wenn die KI-Forschung
Möglichkeiten findet, "ungeheure Mengen an Speicherplatz mit relevanter
Information zu füllen." Hierzu bedarf es der Entwicklung von sensorischen
Systemen, die erstmals das Lernen aus Erfahrung ermöglichen würde. "Die
Möglichkeit einer künstlichen Intelligenz hängt davon ab, ob es gelingt,
Systeme zu bauen, die nicht mehr im bisherigen Sinn programmiert werden
müssen." (pte)