Madrid - Mit Glanz und Glamour scheint es im spanischen Luxus-Badeort Marbella vorbei zu sein. Am Dienstag klickten, nachdem im Frühling bereits dutzende Politiker und Geschäftsmänner festgenommen worden waren, die Handschellen für weitere 30 Verdächtige.

Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft: Verwicklung in den wahrscheinlich größten Korruptionsskandal der spanischen Kriminalgeschichte. Unterschlagung, Geldwäsche, Betrug, Umweltschäden und weitere Vergehen stehen auf der Liste der Ankläger.

Ende März flog der Skandal auf: Die spanische Polizei beschlagnahmte damals Besitztümer im Rekordwert von 2,4 Milliarden Euro. Die Ermittler stellten dutzende Luxusautos, kiloweise Schmuck und mehr als 300 wertvolle Kunstwerke sicher, darunter etwa Bilder von Joan Miró. Auch zahlreiche Immobilien, rund 1000 Bankkonten und Herden von Zuchtpferden und Kampfstieren wurden konfisziert.

Doch noch immer sind nicht alle Beteiligten des weit reichenden Korruptionsnetzes in Untersuchungshaft. Die mutmaßlichen Drahtzieher wie Bürgermeisterin Marisol Yague, ihre Stellvertreterin Isabel Garcia Marcos, zahlreiche Stadträte, Anwälte, Bauunternehmer, bis hin zum Polizeichef, hat die Exekutive in den vergangenen Wochen aber festgenommen.

Die "blondierten Königinnen der Korruption", wie die Zeitung El Mundodie Stadtoberen unter Anspielung auf deren gefärbte Haare nennt, wurden abgesetzt. Die spanische Regierung entließ Anfang April sogar den gesamten Stadtrat und setzte eine Übergangsverwaltung ein. Sie soll die Stadt bis zu den Gemeindewahlen im nächsten Jahr führen. Eine Spezialstaatsanwaltschaft, die aufgrund dieses Vorfalls gegründet wurde, wird sich der Causa annehmen. 10.000 Menschen gingen auf die Straße, um gegen die illegalen Machenschaften zu protestieren.

Ob Marbella weiterhin den Jet-Set von Schweden bis Saudi-Arabien anziehen wird, bleibt abzuwarten. In der bankrotten Stadt ist die Hoffnung groß. (ja/DER STANDARD, Printausgabe, 29.6.2006)