Klagenfurt/Wien - In der Kärntner Ortstafel-Frage wird jetzt auf Hochdruck verhandelt. Morgen, Donnerstag, soll die neue Verordnung, wenn es nach Bundeskanzler Wolfgang Schüssel geht, ins Nationalrats-Plenum kommen. Dienstagvormittag trafen sich jedenfalls Regierungsmitglieder beim Bundeskanzler, um den gegenwärtigen Stand der Ortstafel-Verhandlungen zu diskutieren. Mit dabei waren auch Nationalratspräsident Andreas Khol (VP) und BZÖ-Obmann Peter Westenthaler.

Gleichzeitig präsentierte Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider in Klagenfurt die Ergebnisse seiner quasi privaten "Ortstafel-Urabstimmung"in den betroffenen 18 Südkärntner Gemeinden. Von den angeschriebenen 44.000 Bewohnern nahmen 19.896 an der Umfrage teil (46 Prozent).

Herausgekommen ist eine Mehrheit gegen jede weitere zweisprachige Ortstafel. 52,2 Prozent (10.422 Stimmen) derer, die ihren Fragebogen ausgefüllt haben, wollen keine zusätzlichen slowenischen Ortsbezeichnungen sehen. Für Schüssels neuen Ortstafel-Verordungsentwurf mit insgesamt 158 zweisprachigen Ortstafeln haben sich nur 9,3 Prozent (1857 Stimmen) ausgesprochen. Haiders Kompromißvariante fürs Weiterverhandeln blieb mit 38,3 Prozent (7617 Stimmen) ebenfalls deutlich in der Minderheit.

Am vehementesten wurden neue Ortstafeln in Neuhaus (66 Prozent Nein-Stimmen) und in Sittersdorf (61 Prozent Nein-Stimmen) abgelehnt. In Zell Pfarre dagegen stimmten 45,6 Prozent für den Kanzler-Entwurf. Rechtlich ist die von Haider als direkte Demokratie verkaufte Befragung der Gemeindebevölkerung über Minderheitenrechte "bedeutungslos", sagte Verfassungsjurist Heinz Mayer zum Standard: "Man kann nicht eine Volksbefragung über die Einhaltung von Gesetzen machen. Das ist ein Ausspielen von Demokratie gegen Rechtsstaat."

Haider selbst will mit diesem "politischen Auftrag"im Rücken um die endgültigen Ortstafel-Prozentsätze feilschen, die dann in einer Verfassungsbestimmung mit den Stimmen der SPÖ abgesichert werden sollen. Die Chancen, dass es noch vor der parlamentarischen Sommerpause gelingt, lägen bei "50 zu 50". Die dem Schüssel-Entwurf nahe kommende "10/15"-Lösung, also weitere Ortstafeln ab einem Minderheitenanteil von 10 Prozent in Gemeinden und 15 Prozent in Ortschaften ist für Haider aber "gestorben".

Khols geheime Mission

Hinter den Kulissen soll bereits über eine 15/15-Kompromissvariante diskutiert werden. Diese würde noch immer in der Nähe des VfGH-Erkenntnisses liegen, das eine Bandbreite von 10 bis 25 Prozent skizziert hat.

Dieser mögliche "Kompromiss ohne Gesichtsverlust"für Schüssel und Haider sowie die konsenswilligen Slowenenvertretern könnte auch bereits akkordiert sein. Montagabend gab es in Kärnten ein Geheimgespräch zwischen Nationalratspräsident Khol, Jörg Haider sowie den beiden Chefs von Zentralverband und Gemeinschaft der Slowenen und Sloweninnen, Marjan Sturm und Bernard Sadovnig.

Auch aus der SPÖ, die man für eine Absicherung der Ortstafel-Verfassungsbestimmung braucht, sickerte durch, dass man sich durchaus mit einer solchen "15/15"Lösung anfreunden könne. Im Gegenzug müßte allerdings auch die sogenannte "Öffnungsklausel"für die Kärntner Slowenen in das Verfassungsgesetz aufgenommen werden. Für Haider kein Problem, wie er auf Anfrage des Standard meinte: "Dagegen spricht nichts."Allerdings will Haider ein paritätisches Gremium, das über weitere Ortstafel-Anträge der Volksgruppe entscheiden soll, bevor die Bundesregierung damit befasst wird.

Während Kärntens Landeshauptmannvize Martin Strutz (BZÖ) das Ergebnis als "klare Niederlage auch für Bundeskanzler Schüssel"feierte, sprach SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos von einer "Farce". Grünen-Chef Alexander Van der Bellen forderte eine "Ende des fortgesetzten Verfassungsbruchs". (DER STANDARD, Printausgabe, 28.6.2006)