Foto: Volksoper
Wien – Jubel damals, 1998, bei der Premiere von Christine Mielitzs Inszenierung, Jubel auch diesmal bei der Wiederaufnahme der Meistersinger an der Volksoper. Es ist nicht irgendeine Produktion. Vielmehr jene aus der Ära Klaus Bachler, die bis heute in Volksopern-Diskussionen gern als Beispiel dafür angeführt wird, dass das Haus am Gürtel einst das Potenzial hatte, sich als ernst zu nehmende Alternative zur Staatsoper in der Wiener Opernlandschaft zu behaupten.

Christine Mielitz, Spezialistin für differenzierte Personenführung, stellt auch im teils unpoetischen Bühnenbild von Stefan Mayer die berührenden zwischenmenschlichen Bande wieder her, getragen von dem großteils ausgezeichneten Sängerensemble.

Dass Tenor Johan Botha als Stolzing derzeit sicher keinen Meister findet, hat er bereits vielfach unter Beweis gestellt. Sowohl an der Wiener Staatsoper, als auch etwa in Harry Kupfers Inszenierung an der Deutschen Staatsoper Unter den Linden. Keiner phrasiert das Preislied wohl so unangestrengt weich, so dynamisch sensibel – Botha kann bei jeder Wiederholung seinen Tenor aus dem Vollen strömen und schöpfen lassen.

Um ihn herum: Barbara Haveman debütiert als klangschöne, wenn auch teils schwer verständliche Eva. Stimmlich nicht immer ganz unstrapaziert, aber im rechten Moment über Reserven verfügend, gibt Franz Hawlata überzeugend einen zwischen Liebe und Verzicht hin und her gerissenen Hans Sachs. Großartig Dietmar Kerschbaums David: Keck, verschmitzt und stimmlich tadellos.

Sehr penibel

Das trifft auf Andrea Bönigs Magdalena hingegen nicht zu. Gar zu schrill und ungelenk geführt tönt ihr Mezzo, die Verliebtheit zu David will man ihr nicht recht glauben. Michael Kraus lässt dagegen als penibler, vom Ehrgeiz zerfressener Beckmesser nichts an Glaubwürdigkeit zu wünschen übrig. Sein kantiges Timbre passt wunderbar zur verschrobenen Figur des Stadtschreibers.

Großer Wermutstropfen des Abends: das Orchester unter Leopold Hager. Die monumentale Klangwelt Wagners drängt die Musiker an ihre Grenzen – und darüber hinaus. In der Prügelfuge geht es nicht nur auf der Bühne drunter und drüber. Vor allem im Blech gerät vieles aus den Fugen. Dynamische Disziplin unmissverständlich einzufordern gelingt dem Dirigenten vielfach nicht. Einen Sänger wie Johan Botha sogar unhörbar werden zu lassen, ist da ein besonderes "Meisterlied". (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 27.6.2006)